Political reactions in the Member States of the European Communities

Politische Reaktionen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften1


Der Werner-Bericht wird dem Rat und der Kommission der EG am 15. Oktober 1970 offiziell vorgelegt und am 16. Oktober 1970 veröffentlicht. Die politischen Reaktionen in den Mitgliedstaaten lassen insbesondere in den Medien nicht lange auf sich warten.2 Aus den Beiträgen können, unabhängig von ihrem objektiven Informationsgehalt, die Haltungen der einzelnen Länder mit Blick auf eine stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion abgelesen werden, und zwar bereits bevor die Regierungen offizielle Stellungnahmen abgegeben haben. Lediglich der niederländische Finanzminister, Johannes Witteveen, und der Vizepräsident der Kommission, Raymond Barre, äußern sich bereits am Tag der Veröffentlichung des Berichts.3


Am 20. Oktober 1970 erläutert Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller auf einer Pressekonferenz den Stufenplan näher und bringt seine Zustimmung zum Ausdruck. Er vertritt die Auffassung, dass im Werner-Bericht ein Kompromiss zwischen jenen Ländern gefunden werden konnte, die bei der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion die Währungsprobleme in den Vordergrund rücken wollen, und jenen, zu denen auch Deutschland gehört, die zunächst grundsätzlich und damit als Vorbedingung eine Koordinierung der wirtschaftspolitischen Strategien innerhalb der Gemeinschaft verlangen. Der Werner-Ausschuss hat sich prinzipiell für einen Ausgleich zwischen diesen beiden Strömungen sowie die Notwendigkeit einer tatsächlichen Parallelität der Koordinierung mit der Konvergenz der wirtschafts- und währungspolitischen Strategien in den sechs Mitgliedstaaten ausgesprochen.4 Im Verlauf der politischen Verhandlungen zum Stufenplan ist es der Bundesregierung demnach gelungen, an einem der Grundsätze ihrer Wirtschaftspolitik, die sie in dem zu Jahresbeginn vorgelegten Schiller-Plan näher erläutert hat, festzuhalten.5 Abschließend bringt der Bundesminister seinen Wunsch zum Ausdruck, dass dieser Bericht in unveränderter Form vor Ablauf des Jahres 1970 angenommen wird. Auf innenpolitischer Ebene hat Karl Schiller bereits die notwendigen Schritte unternommen. Obgleich der Stufenplan noch nicht offiziell an die einzelstaatlichen Regierungen weitergeleitet worden ist, richtet Bundesminister Schiller am 4. Oktober eine förmliche Mitteilung an den Bundeskanzler und weist ihn darauf hin, dass dem Bundeskabinett in Kürze der Werner-Bericht vorgelegt würde und eine Annahme angezeigt sei, die unbedingt noch im Verlauf der deutschen Ratspräsidentschaft (des EWG-Ministerrats) erfolgen müsse, um die erste Stufe (des Plans) mit einer Länge von drei Jahren am 1. Januar 1970 einleiten zu können.6 Ferner verweist er auf den Beitrag des deutschen Vertreters in der Expertengruppe, Johann Baptist Schöllhorn, der die Arbeiten mit eigenen Vorschlägen vorangebracht und einen wichtigen Anteil an dem erzielten Kompromiss gehabt habe, für den man im Interesse der europäischen Politik und unter dem Blickwinkel der Wirtschaft und der politischen Stabilität bis an die Grenze des Zumutbaren gegangen sei.7


Die Bundesbank bringt ihre grundsätzliche Zustimmung zu der im Werner-Bericht vorgeschlagenen Wirtschafts- und Währungsunion zum Ausdruck. Den Bericht wertet sie als fundiert und ausgewogen, hat allerdings eigene Vorstellungen von den Mechanismen und Funktionsweisen einer solchen Union.8 Einer der Vorschläge, den Deutschland in seiner offiziellen Position9 zum Ausdruck bringt und der sich stark an den Statuten der Bundesbank orientiert, sieht eine eigenständige Zentralbank als Vorbild für die künftige Europäische Zentralbank vor. Im Verlauf der Tagung der Finanzminister am 29. Mai 1970 in Venedig und der Debatten zum Zwischenbericht10 betont Karl Schiller die grundlegende politische Bedeutung einer Wirtschafts- und Währungsunion und die Notwendigkeit, sich stärker auf eine Übertragung der Befugnisse auf die Gemeinschaftsorgane sowie auf institutionelle Fragen zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang skizziert er zum einen eine zentrale Instanz mit politischer Verantwortung für die Konjunkturpolitik [und zum anderen] ein Organ für die zentrale Willensbildung im monetären Sektor. Dabei müsse es sich um ein föderales Organ mit einer weitgehenden Autonomie gegenüber den politischen Instanzen handeln.11 Weitere Schwerpunkte des Schiller-Plans für die erste Phase der Wirtschafts- und Währungsunion sind der Ausbau der wirtschaftlichen Kooperation12 und die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Zentralbankpräsidenten und dem Rat. Im Anschluss an die Veröffentlichung des Werner-Berichts bringt die Bundesbank diese Forderung wiederholt zum Ausdruck und bekräftigt, dass die Zuständigkeit für die künftige Währungspolitik im Wesentlichen bei den europäischen Zentralbankpräsidenten liegen sollte, und zwar unabhängig vom Ministerrat, allerdings unter Berücksichtigung der vom Rat ausgearbeiteten wirtschaftspolitischen Leitlinien.13 Eine weitere Forderung, zu der sich die deutsche Zentralbank nach wie vor ausdrücklich bekennt, ist eine „echte Harmonisierung“ der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Mitgliedstaaten als Voraussetzung für eine Verringerung der Schwankungsmargen zwischen den Gemeinschaftswährungen.14


Bundeskanzler Brandt schließt sich der Zustimmung zum Werner-Bericht an und teilt dem belgischen Außenminister Pierre Harmel bei einem Staatsbesuch in Bonn am 14. Oktober diese Haltung offiziell mit.15 Seiner Meinung nach müssten unverzüglich praktische Maßnahmen ergriffen werden, um die Wirtschafts- und Währungsunion auf den Weg zu bringen. Außenminister Harmel unterrichtet ihn daraufhin darüber, dass sich Frankreich nach seinem Kenntnisstand den Unterstützern des Werner-Berichts anzuschließen gedenkt. Italien werde keine Schwierigkeiten machen. Mit Vorbehalten sei allerdings von Seiten der Niederlande zu rechnen, die sich jedoch mit einer Annahme des Berichts durch die deutsche Bundesregierung zerstreuen würden.16 In einem Ende Oktober 1970 an Bundesminister Schiller gerichteten Schreiben bekräftigt Bundeskanzler Brandt die Bedeutung des Stufenplans für die europäische Integration und merkt an, dass seine Annahme durch den Ministerrat, die möglichst noch vor Jahresablauf erfolgen sollte, vermutlich zu den wichtigsten Entscheidungen seit Unterzeichnung der Römischen Verträge gehören wird.17 In einer Erklärung zur Außenpolitik der Bundesrepublik, die Willy Brandt vor dem Bundestag abgibt, bezeichnet er den Werner-Bericht als neue Magna Charta der Europäischen Gemeinschaft.18


In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass sich der Bundeskanzler und das Bundeswirtschaftsministerium inhaltlich nicht immer auf einer Wellenlänge befinden und sich das Thema Wirtschafts- und Währungsunion bisweilen als Zankapfel erweist. Das Kanzleramt befürwortet eine Währungszusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaft, während das Ministerium eine Abstimmung in den externen Bereichen der Währungspolitiken der sechs Mitgliedstaaten favorisiert. Infolgedessen spricht sich die deutsche Regierung generell gegen Initiativen aus, die jeweils zulasten eines anderen gehen.19


Als die Kommission Ende Oktober 1970 eigene Vorschläge für die stufenweise Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion vorlegt20, übt die deutsche Regierung herbe Kritik an der vereinfachenden Auslegung des Werner-Berichts.21 In Bonn herrscht die Auffassung vor, dass die Kommission von Anfang an Aspekten der Währungszusammenarbeit mehr Gewicht eingeräumt, die Wirtschaftsharmonisierung hingegen vernachlässigt und mit Blick auf die Befugnisse die Autonomie der einzelstaatlichen Zentralbanken in Frage gestellt22 hat. Das Urteil fällt hart aus: Die Vorschlage der Kommission für die stufenweise Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion seien zu begrenzt und gingen nicht weit genug.23


Karl Schiller hält auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments in seiner Eigenschaft als amtierender Präsident des EWG-Ministerrates eine Rede zum Werner-Bericht. In seinen Ausführungen fasst er den vom Werner-Ausschuss vorgeschlagenen Stufenplan24 in seinen wesentlichen Punkten zusammen und geht zudem auf die Hauptpunkte der offiziellen deutschen Position25 ein. „[…] sie werden […] im Sinne des Parallelismus, der im Werner-Bericht fundamentale Bedeutung […] hat, paralleles Fortschreiten in der Konvergenz der einzelnen Wirtschaftspolitiken und im Zusammenfließen der Währungspolitiken diese Dinge als […] notwendig, als unausweichlich hinstellen. […] Ein weiteres, in dem wir, glaube ich, alle einig sind: Die Parallelität der wirtschaftspolitischen Zielsetzung und wirtschaftspolitischen Handlungen mit den währungspolitischen Konvergenzen. Wir müssen Abschied nehmen von dem jetzigen System. Wir haben ein System des Gemeinsamen Marktes. Wir haben eine Zollunion, aber wir haben - was wir alle wissen - ein System noch verschiedener nationaler Wirtschafts-, Finanz- und Konjunkturpolitiken. Und ein solches System ist dazu verdammt, ständig Ungleichgewichte zu produzieren. […] eine abstrakte Währungsmaschine für Europa [würde] ohne parallele wirtschaftspolitische Konvergenz oder Harmonisierung bei kommenden Ungleichgewichten sehr schnell zersprengt […]. […] das, was uns im Werner-Bericht vorgelegt ist, [ist] kein Stufenplan […], der eine fixe Zahl angibt. Fest steht, dass es eine erste Stufe gibt und dass es ein Endstadium gibt. So wie ich die Dinge sehe, ist die erste Stufe nach dem Werner-Bericht die Stufe der Konvergenz und auch schon die Stufe der Bewährung, weil die nationalen Politiken sich einander annähern müssen, und zwar schon in der ersten Stufe. […] Die zweite Stufe oder ich möchte auch sagen, die mittleren Stufen sind doch, nach allem was wir hier sehen, die Stufen der Transformation, d. h. die Stufen des Übergangs von Kompetenzen aus den nationalen Bereichen auf Gemeinschaftsinstanzen. Das Endstadium – wir haben es in Paris einmal das „Elysium“ Europas genannt – ist gekennzeichnet durch die volle Übertragung wirtschafts- und finanzpolitischer Befugnisse auf die Gemeinschaft. Auch die Übertragung geldpolitischer Befugnisse auf ein europäisches Zentralbanksystem ist zugleich gekennzeichnet durch den hohen Symbolwert einer dann einheitlichen europäischen Währung. […] wir können auf den Stufen dahin nur weiterkommen, wenn wir erstens auf eine Automatik von vornherein verzichten [und] wenn auch politische Zäsuren eingeleitet werden, d. h. wenn der Übergang von einer Stufe zur anderen mit politischen Überprüfungen im Kolloquium verbunden ist. […] Und zweitens: der Fortschritt auf dieser Stufenfolge oder Stufenleiter hin zum Endstadium ist nur möglich, wenn alle ökonomischen, politischen und sozialen Gesichtspunkte gleichzeitig und möglichst frontal berücksichtigt werden; wenn wir also beim Übergang von einer Stufe zur anderen die Interdependenz aller ökonomischen und politischen Faktoren berücksichtigen. […] Ein Drittes ist notwendig, damit wir dieses Endstadium erreichen: Die Währungsunion, die wir für das Endstadium anstreben, muss ihrerseits in einer Weltwährungsordnung leben, die sich ebenfalls in der Veränderung befindet. […] Unsere europäische Währungsunion müsste dann beherrscht sein von dem Prinzip der Stabilität nach innen und vom Prinzip der Elastizität nach außen.“26 Deutschland schließt sich den Empfehlungen des Werner-Berichts bezüglich einer parlamentarischen Diskussion an. Bundesminister Schiller hebt hervor, dass nicht nur ein technokratisch geführtes, sondern zugleich ein parlamentarisch fundiertes Europa gewünscht und, wie im Werner-Bericht klar formuliert, der Weg in die Wirtschafts- und Währungsunion ohne den Ausbau einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle nicht möglich sei.


In Frankreich weisen die Debatten zum Werner-Bericht in eine andere Richtung.27 Die französische Regierung erachtet die Frage der Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion als hochpolitisch: in diesem Sinne sei jegliche supranationale Entwicklung zugunsten einer zwischenstaatlichen Lösung auszuschließen. Im Verlauf der Arbeiten am Werner-Bericht verkündet Staatspräsident Pompidou seine Vision von der europäischen politischen Zusammenarbeit 28 und unterstreicht. „[Europa] kann nur auf dem bereits Bestehenden aufgebaut werden, einer Konföderation von Staaten, die zu einer politischen Harmonisierung und wirtschaftlichen Integration entschlossen sind, und vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich das Problem der Supranationalität gar nicht mehr stellt. Wenn eines Tages die europäische Konföderation Realität geworden ist, muss es natürlich auch eine Regierung geben, deren Entscheidungen verbindlichen Charakter für alle Mitgliedsländer haben. Das Problem besteht darin herauszufinden, woraus, auf welchem Wege und in welcher Form diese Regierung entstehen soll. […] Aber die europäische Regierung kann nur aus der Vereinigung der nationalen Regierungen hervorgehen, die gemeinsam für alle verbindliche Entscheidungen treffen.“29


Der Werner-Bericht führt zu einer tiefen Spaltung der politischen Lager in Frankreich.30 Innerhalb der Regierung gehört Verteidigungsminister Michel Debré31, der das Dokument als „zu supranational“32 bezeichnet, zu seinen erbittertsten Gegnern. Diese Ansichten werden von einer Mehrzahl der gaullistischen Minister geteilt. Finanzminister Valéry Giscard d’Estaing dagegen, der damit betraut ist, den Sachverhalt im Ministerrat vorzustellen, spricht sich für den Werner-Bericht aus. Für die Annahme des Stufenplans durch das Kabinett erhält er Unterstützung von den Ministern der Mitte, Jacques Duhamel33 und René Pleven34. Angesichts dieser Spaltung ist von Giscard d’Estaing ein umsichtiges Vorgehen gefordert. Er schlägt vor, dass die Regierung zunächst für die erste Stufe des Werner-Berichts grünes Licht erteilt und für die folgenden Stufen eine spätere Annahme vorsieht.35 Die Regierung – auch Giscard d’Estaing – steht einer engen Koordinierung der Konjunktur- und Wachstumspolitik im Vorfeld der Währungsintegration ablehnend gegenüber. Mit einem solchen Prozess würde die wirtschaftliche Entwicklung in den Mitgliedstaaten mit neuen Unwägbarkeiten und Unbekannten konfrontiert. Dies alles führt dazu, dass Frankreich in den folgenden Jahren die Hände gebunden sind. Im Gegensatz dazu spricht sich das Kabinett in aller Deutlichkeit für einen schnellen Übergang zu einer Währungsunion aus, weil es hofft, auf diese Weise eine Krise des Francs vermeiden und verhindern zu können. Am Quai d’Orsay vertritt man die Auffassung, dass der Werner-Plan in der Frage der Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften noch ausbaufähig ist.36 Dabei sollte insbesondere stärker berücksichtigt werden, welche Probleme mit dem Pfund Sterling für das Fundament einer Währungsunion verbunden sein könnten.

Am 18. November 1970 befasst sich ein kleiner Ministerrat zu europäischen Angelegenheiten37 eigens mit dem Stufenplan. Eingangs zieht Giscard d’Estaing Bilanz über die Tätigkeit des Werner-Ausschusses und stellt anschließend die Umsetzungsvorschläge der Kommission vor. Staatspräsident Pompidou und die Mehrheit der Regierungsmitglieder sprechen sich insbesondere gegen die Möglichkeit einer Übertragung geldpolitischer Befugnisse an Gemeinschaftsinstitutionen aus, die im Werner-Plan für die zweite Stufe der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion vorgesehen ist. „Der Werner-Bericht enthält unglaubliche Formulierungen, man könnte fast meinen, uns wurde ein rotes Tuch vorgehalten, um uns nach Kühen und Stieren zu sortieren.“38 Im weiteren Verlauf der Tagung äußert sich der Vorsitzende ferner wie folgt: „Wir müssen dennoch diese Wortwahl akzeptieren, weil sie die europäische Hoffnung zum Ausdruck bringt“39, womit er weitere Fortschritte befürwortet. Besonders aufgebracht zeigt sich Staatspräsident Pompidou über die Formulierung „europäischer Währungspol“, die er als völlig ungerechtfertigt bezeichnet. „Ich wünsche mir die Streichung des Begriffs „europäischer Währungspol“. Im Zusammenhang mit Europa gibt es viele Fragen wirtschaftlicher, finanzieller, politischer Art, und es kann bei weitem nicht alles auf Währungsprobleme reduziert werden. Solange wir nicht das Problem der Abhängigkeit vom Dollar-Kurs gelöst haben, das ein politisches Problem darstellt, sollten wir meines Erachtens nicht von einem europäischen Pol sprechen. Diese Bezeichnung ist erst dann möglich, wenn die europäischen Staaten von den USA verlangen können, ihren Dollar im Austausch gegen Gold zurückzunehmen.“40


Allerdings besteht für Frankreich bei einer Weigerung ohne Gegenvorschlag die Gefahr, sich zu isolieren und seinen Einfluss in den Debatten zu schmälern. Aus diesem Grund empfiehlt Giscard d’Estaing, eine verstärkte Währungszusammenarbeit zwischen den Zentralbanken der Mitgliedstaaten zu unterstützen, um die Folgen einer Übertragung von Befugnissen möglichst gering zu halten. Mit Blick auf den Fortgang der Wirtschafts- und Finanzintegration lehnt Frankreich jegliche übermäßige Einmischung in seine Wirtschafts- und Finanzpolitik ab und verlangt im Gegenzug, möglichst wenige Verpflichtungen eingehen zu müssen. Dies führt auch Pierre Werner in seinen Memoiren an, der sich erinnert, dass „[…] Staatspräsident Pompidou nach der Lektüre einiger umstrittener Passagen des Berichts die französischen Mitglieder der Gruppe offensichtlich wutentbrannt um eine Erklärung gebeten hat“.41 Der Standpunkt, der auf hoher Ebene in Frankreich vertreten wird, lässt sich am besten mit den Worten Maurice Schumanns in der Wochenzeitung „Vision“ verdeutlichen: „Wir dürfen die Wirtschafts- und Währungsunion der Sechs nicht durch ein übereiltes institutionelles Wirrwarr gefährden“.42 Eine derartige Ablehnung des Werner-Berichts mag umso überraschender erscheinen, als dieser unter umfassender Beteiligung der französischen Vertreter erarbeitet worden war und der Zwischenbericht die Zustimmung der betroffenen Minister und damit auch des französischen Minister erhalten hatte.43 Es sei daran erinnert, dass in der Werner-Gruppe die Vorsitzenden der verschiedenen Fachausschüsse der Kommission zusammengekommen sind, die darüber hinaus hohe nationale Ämter bekleiden. Dazu gehören auch zwei Franzosen44: Bernard Clappier, Vorsitzender des Währungsausschusses (und ebenfalls stellvertretender Präsident der Banque de France) und sein Stellvertreter, Jean-Michel Bloch-Lainé. Die Mitglieder des Ad-hoc-Ausschusses sind gehalten, an den Sitzungen als unabhängige Personen teilzunehmen, allerdings lassen ihre Reaktionen immer deutlicher die Standpunkte ihrer jeweiligen Regierungen durchscheinen, zu denen regelmäßige Kontakte bestehen.45 Eine Recherche im Bundesarchiv deutet auf einen regen Austausch hin (Analysen, ausführliche Erläuterungen, Kommentare zu Stellungnahmen usw., aber auch Bitten um Handlungsanweisungen), die von den deutschen Experten (insbesondere Hans Tietmeyer, Stellvertreter des Vorsitzenden des Ausschusses für mittelfristige Wirtschaftspolitik, Johann Baptist Schöllhorn) auf diplomatischem Wege an das Bundesministerium für Wirtschaft sowie an das Auswärtige Amt und an die Bundesbank übermittelt wurden. Dieses Vorgehen bildet keine Ausnahme. So kommt es beispielsweise vor, dass „Herr Clappier die Höflichkeit besaß, [die französische Regierung] über den Fortgang zu unterrichten, doch hatte er selbstverständlich keinerlei Entscheidungsbefugnis“.46 Allerdings sei es Bernard Clappier, dessen europäische Überzeugungen allgemein bekannt waren, gelungen, „das Misstrauen und den Ärger, die Frankreich aufgrund seines Status und seiner Forderungen häufig hervorruft, abzubauen; er hat dies ohne große Zugeständnisse vermocht. Zu einem der Hauptprobleme im Zusammenhang mit seiner Rolle gehörte es, dass er im Ausschuss immer derjenige gewesen ist, der am lautesten […] Fortschritte in Währungsfragen gefordert hat, also in einem Bereich, in dem Fortschritte naturgemäß besonders sensible Bereiche der nationalen Eigenständigkeit berühren oder betreffen. Nun war Herr Clappier ausdrücklich gehalten, sich in diesem Zusammenhang in institutioneller Hinsicht auf keinerlei Zugeständnisse einzulassen.“47


Im Verlauf der Aussprachen in der Nationalversammlung am 21. Oktober zeigt sich der Kern der gaullistischen Fraktion besonders aktiv.48 Die Abgeordneten fordern die französische Regierung in mehreren Wortmeldungen nicht nur zu einer Stellungnahme zum Werner-Bericht, sondern auch zu der „richtigen Entscheidung“ für das Land und zur Verteidigung derselben gegenüber den übrigen europäischen Partnern auf. „Gedenkt die Regierung, den Werner-Plan anzunehmen, der die schrittweise Aufgabe der nationalen Souveränität zugunsten einer Gemeinschaftsbehörde, die einer föderalen Superregierung gleichkommt, vorsieht? […] Wenn nicht […], wird sie dann unseren Partnern innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verstehen geben, dass sie dieses Programm für unannehmbar hält?“49


Zwei Wochen später, am 5. November 1970 während der mündlichen Fragestunde in Anwesenheit von Außenminister Maurice Schumann, löst der Stufenplan erneut lebhafte Debatten aus.50 Einige bringen ihre ausdrückliche Kritik an den gewagten Thesen des Werner-Berichts zum Ausdruck und verweisen auf den realistischeren Ansatz, den die Europäische Kommission mit ihren eigenen Vorschlägen verfolgt. „Mit dem Werner-Bericht, bei dem es sich um einen Sachverständigenbericht handelt, soll das Problem scheinbar von der anderen Seite angegangen und für das Haus zunächst des Dach gebaut werden, wohingegen wir […] mit dem Fundament beginnen wollen und uns auch in diesem Fall schrittweise in die im Haager Kommuniqué vorgegebene Richtung bewegen wollen, nämlich hin zur schrittweisen Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion. Einer solchen Union stehen wir nicht im Wege, wir verlangen lediglich, dass der Zeitplan eingehalten wird und wir nicht in einem anderen Bereich erneut die Fehler der Jahre 1961 und 1962 mit Blick auf die politische Union begehen, denn zu hohe Ansprüche in der Vorphase können dazu führen, dass man gar nichts erreicht.[…] Die Weisheit, welche die Europäische Kommission angesichts eines streckenweise theoretischen Berichts von Verfassern unter Beweis gestellt hat, die doch eigentlich die Weisen sein sollten, soll uns beruhigen.[…] Wir behaupten gar nicht, dass unserer Wirtschaften immer weiter angeglichen werden müssen […] oder es fester Wechselkurse zwischen [unseren] Währungen bedarf, allerdings sind wir der Auffassung, dass diese wie auch andere Fragen in die Zuständigkeit der Regierungen fallen, die zunächst die erforderlichen Entscheidungen treffen“.51 Wieder andere protestieren gegen im Werner-Bericht enthaltene supranationale Bestrebungen und vor allem gegen die Zustimmung Frankreichs zu diesen Punkten.52 Darauf bezieht sich auch der Abgeordnete Roland Leroy, der im Namen der KPF-Fraktion das Wort ergreift und hervorhebt: „Sie [die Regierung] muss sich erklären. […] Sie muss es tun, weil das Ministertreffen von Kleineuropa zu dieser Frage für den 23. und 24. November angekündigt ist. […] Wird dies der entscheidende Schritt des Jahres 1970 sein? Sicherlich ein wichtiger Schritt, aber auf dem Weg hin zu einem Verlust jeglicher nationaler Unabhängigkeit.“53


Innerhalb der nationalen Vertretung stößt der Werner-Bericht auf positive Stellungnahmen. Im Mittelpunkt steht der Grundsatz, jede Phase der Währungsintegration von einer politischen Entscheidung abhängig zu machen, wozu auch die währungspolitische Loslösung Europas vom Dollar-Raum gehört. „In wirtschaftlicher Hinsicht stellt die Stärkung der Währungssolidarität […] eine Maßnahme dar, die sich für das europäische Vorhaben als wirksam erweisen könnte. Wir wissen natürlich, dass monetäre Maßnahmen zwischen Partnern in Europa zwar technischer Natur sind, aber nicht vollständig neutral bleiben können. Ganz im Gegenteil können sie mit spürbaren politischen Folgen verbunden sein, von denen ich zwei nennen möchte. Da die Währung einerseits die Prärogative eines souveränen Staates darstellt, werden sich die Staaten mit der Währungsunion zweifellos gezwungen sehen, nunmehr gemeinsam Probleme anzugehen, die bisher ausschließlich eigenständig behandelt worden sind, mit den Unannehmlichkeiten und Problemen, die eine solche Einstellung mit sich gebracht hat. Die Experten haben dies erkannt und legen nahe, dass für jede Phase ein politischer Wille deutlich abzulesen ist, bevor die nächste Phase eingeleitet wird. […] Andererseits wird mit der Schaffung eines neuen Währungspols das aktuelle internationale Währungssystem in Frage gestellt.“54


Aufgrund der französischen Bedenken sowie gewisser Vorbehalte auf deutscher Seite55 kann auf den Ministerratstagungen der Europäischen Gemeinschaften vom 23. November und 14. Dezember 1970 keine Einigung über die Einleitung der ersten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion am 1. Januar 1971 erzielt werden. Um diese Blockade zu beenden, richtet Pierre Werner in seiner Eigenschaft als luxemburgischer Premierminister, aber mit den Worten des Vorsitzenden des Ad-hoc-Ausschusses, am 29. Dezember 1970 ein Schreiben an die fünf Regierungschefs.56 Er zeigt sich besorgt angesichts der Schwierigkeiten, die sich auf dem Weg zu einer Wirtschafts- und Währungsunion stellen, und bringt seine Zuversicht zum Ausdruck, eine schnell und für alle akzeptable Lösung zu finden.57 Der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt antwortet ihm mit einem Schreiben vom 1. Februar 197158, in dem er sich auf die Perspektiven des Ende Januar 1971 nach dem deutsch-französischen Gipfeltreffen präzisierten Stufenplans konzentriert. Den Werner-Bericht wertet Brandt als „grundlegend und richtungweisend“; ferner bekräftigt er den gemeinsamen politischen Willen der Deutschen und der Franzosen, in dieser Frage Fortschritte zu erzielen. Er geht dabei auch auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Partnern, insbesondere mit Blick auf die „Vorbehaltsklausel“59, sowie auf ihr Unvermögen ein, zu einer gemeinsamen Position zu finden. Nichtsdestotrotz zeigt er sich zuversichtlich über einen positiven Ausgang der Debatten.


Auf der Tagesordnung des 15. deutsch-französischen Gipfeltreffens in Paris am 25. und 26. Januar 1971 nehmen die schwierigen europäischen Fragestellungen einen vorrangigen Platz ein (darunter der Aufbau Westeuropas und die Beziehungen zu den Ländern des Ostens – die UdSSR, Polen, die Problematik der deutschen Teilung – sowie die Wirtschafts- und Währungsunion).60 Anschließend wird Pierre Werner in einer Depesche61 über den Inhalt und die Ergebnisse der Gespräche unterrichtet. Daraus geht hervor, dass Deutschland den Wunsch Frankreichs nach einer möglichst raschen Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion teilt. Zu diesem Zweck müsse zügig ein geeignetes Instrument geschaffen werden und der Rat müsse in der Angelegenheit „mit oder ohne Änderung der Verträge“ eine Entscheidung treffen. Die beiden Regierungen sind sich in der Frage einer notwendigen Parallelität der Entwicklung einer Wirtschaftsunion einerseits und einer Währungsunion andererseits einig. Dieses Einvernehmen verdeckt allerdings eindeutige Unstimmigkeiten über die Herangehensweise. Frankreich spricht sich zwar für eine Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion bis Ende der 1970er Jahre aus, lehnt es aber ab, dieses Ziel als juristische Verpflichtung zu verankern. Paris ist ferner trotz seiner inhaltlichen Zustimmung weder bereit, die Dauer der ersten Stufe unwiderruflich festzulegen noch die Einrichtung eines Systems eigenverantwortlicher Zentralbanken zu befürworten. Dagegen bejaht Frankreich die Einführung einer „Vorbehaltsklausel“ für die Dauer der ersten Stufe.62 Dem steht Deutschland grundsätzlich positiv gegenüber, vertritt allerdings die Auffassung, dass eine solche als „Verfallsklausel“63 bezeichnete Bestimmung eher innerhalb der zweiten Stufe Berechtigung hätte. In diplomatischen Kreisen wird betont, dass „die einzige Motivation für die deutsche Haltung zum Werner-Plan in der Sorge um die Stabilität der deutschen Wirtschaft und Währung besteht“.64


Am Rande des Gipfeltreffens trifft eine deutsche Delegation65 mit dem Vizepräsidenten der Kommission, Raymond Barre (in Begleitung von Generaldirektor Ugo Mosca, ehemaliger Sekretär des Werner-Ausschusses) zusammen. Auf der Tagesordnung der Gespräche stehen drei offene Fragen zum Stufenplan, auf die sich die negativen Reaktionen der französischen Seite konzentrieren.66 Dabei geht es um die Definition der Endstufe, die Maßnahmen im Rahmen der ersten Stufe sowie die Regeln für den Übergang von einer Stufe in die nächste. Im Zusammenhang mit der Endstufe spricht sich Raymond Barre für eine grundsätzliche Einigung, die „mit Flexibilität und Vorsicht zu formulieren ist“, und gleichzeitig gegen damit verbundene Verpflichtungen aus. Die Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, zufriedenstellende „Kompromisse“ bezüglich der parlamentarischen Kontrolle, der weiteren Entwicklung der Institutionen, der Zuständigkeiten der Gemeinschaft und der Einrichtung eines Systems von Zentralbanken zu finden. Als schwierigste Aufgabe erweist sich die Festlegung von Regeln für den Übergang von der ersten in die zweite Stufe innerhalb des durch den Vertrag vorgegebenen Rahmens, eingedenk der bereits im Werner-Bericht betonten Notwendigkeit einer Überprüfung der Verträge für den Übergang von der zweiten in die dritte Stufe.67 Innerhalb der ersten Stufe sind einige monetäre Maßnahmen vorgesehen, die offensichtlich nicht sofort in eine Währungsunion münden, sondern dazu geeignet sind, den künftigen Weg zu ebnen, indem die Öffentlichkeit auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereitet wird. Bundesminister Schiller befürchtet insbesondere, dass die erste Stufe in Ermangelung einer Einigung über die innerhalb der zweiten Stufe erforderlichen Maßnahmen endlos hinausgezögert werden könnte.68 Er besteht darauf, dass der Rat Frankreich die politische Verpflichtung auferlegen muss, den Weg der Wirtschafts- und Währungsunion im Anschluss an die erste Stufe weiter zu beschreiten, sofern das Land nicht mit den vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten dazu gezwungen werden kann, in der Sache voranzukommen. Vizepräsident Barre schließt sich dieser Auffassung an: ohne eine Einigung könnten keine Fortschritte bei der Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion erzielt werden.


Zum Abschluss des Gipfeltreffens stimmt Frankreich zu, im Verlauf der letzten Stufe bestimmte Befugnisse an die Gemeinschaft zu übertragen. Im Gegenzug weist das Land jede Möglichkeit einer strukturellen Änderung des Entscheidungsprozesses69, wichtiges Anliegen der Deutschen und Niederländer70, sowie jegliche Änderung des Vertrags von Rom oder Einschränkung der Vormachtstellung des Ministerrates und des Einstimmigkeitsprinzips (bei wichtigen Fragen) zurück. Der Grundsatz der Parallelität71, auf den sich der Werner-Bericht stützt, wird grundlegend überarbeitet. Unter dem Druck Deutschlands spricht sich Frankreich zwar für die Einrichtung eines eigenständigen Systems europäischer Zentralbanken aus, hält aber an seiner Ablehnung eines wirtschaftspolitischen Entscheidungsgremiums für die Endstufe der Wirtschafts- und Währungsunion fest.72 Die Ausweitung der Gemeinschaftsmethode wird demnach für den Bereich der Wirtschaftsunion ausgeschlossen, und es obliegt den Regierungen der Mitgliedstaaten, eine gemeinsam abgestimmte Harmonisierung ihrer wirtschaftspolitischen Strategien vorzunehmen. Im Gegenzug befürworten die Deutschen eine Verringerung der Schwankungsmargen zwischen den Währungen zu Beginn der ersten Stufe, die Einrichtung eines Währungsbeistandssystems sowie die Schaffung eines Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit. Ferner wird Einvernehmen über einen im Schiller-Plan vom 2. Februar 1970 formulierten Grundsatz erzielt: es wird keinen automatischen Übergang von der ersten zur zweiten Stufe geben.73 Die beiden Partner kommen überein, dass sie im Falle einer Uneinigkeit über die Endstufe und ihre wirtschaftlichen und institutionellen Konsequenzen die für die erste Stufe vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere die Verringerung der Schwankungsmargen, verwerfen.74


In seinen Memoiren erinnert sich Pierre Werner, dass Staatspräsident Pompidou und Bundeskanzler Brandt eine Einigung über die Methode zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion erzielen konnten. „[…] Der Preis für diesen neuen Pakt war die von den Deutschen vorgeschlagene Vorbehaltsklausel. Sie sah vor, die Währungsinstrumente nach vier Jahren auszusetzen, wenn keine Einigung über den Inhalt der zweiten Stufe erzielt werden konnte. Gegen eine solche Klausel, mit der die erste Stufe im Grunde in eine Testphase umgewandelt wurde, gab es Einwände. Jean Monnet rief mich an, um mich vor einer solchen Klausel zu warnen. Die Benelux-Staaten äußerten sich kritisch über den deutsch-französischen Alleingang“.75


In den Reihen der Benelux-Staaten schlossen sich die Niederlande weitgehend den deutschen Vorstellungen an76 und stellten sich umgehend auf die Seite der „Ökonomisten“. Seit Gründung des Werner-Ausschusses hatte Finanzminister Johannes Hendrikus Witteveen in den Verhandlungen erste Hinweise auf die Haltung seiner Regierung gegeben und angekündigt, dass sich die Entwicklung der währungspolitischen Zusammenarbeit auf eine wirtschaftspolitische Harmonisierung stützen müsse.77


Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass in den Niederlanden das Außenministerium in europapolitischen Fragen den Ton angibt, während das Finanzministerium für die Koordinierung der europäischen Währungspolitik der Niederlande zuständig ist.78 Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ministerien gestaltet sich zwar in der Regel einvernehmlich, allerdings treten gelegentlich konkurrierende Interessen zutage, die zu Spannungen führen. So erinnert beispielsweise Minister Witteveen seine Ministerkollegen im Rahmen einer Kabinettssitzung nach der Veröffentlichung des vorläufigen Werner-Berichts daran, dass anlässlich der Konferenz auf dem Haager Gipfel auf Druck des Außenministeriums beschlossen worden sei, die europäische Währungsintegration kurzfristig zu verwirklichen. „Dieser Gedanke hat mir immer Sorgen bereitet“.79 Allerdings sei als Ergebnis der Diskussionen innerhalb der verschiedenen Organe in den Niederlanden eine breite Übereinstimmung zu verzeichnen, und es habe bei der Entscheidungsfindung der kollegiale Charakter überwogen.80


Am 26. Mai 1970 hält Minister Witteveen nach der endgültigen Vorlage des Zwischenberichts des Werner-Ausschusses eine Rede vor der Amsterdamer Handelskammer. Darin spricht er sich für eine Währungsunion mit einer einzigen gemeinsamen Währung aus, die von der europäischen Zentralbank und einem europäischen Finanzministerium verwaltet wird. Eine gemeinsame Währung, die einer Einheitswährung entspricht, wird aufgrund der Tatsache, dass mit ihrer Einführung die Landeswährungen abgeschafft werden, als notwendig für die Unumkehrbarkeit der europäische Währungsunion betrachtet. Die Vergemeinschaftung der Reserven (der Devisen) würde die teilnehmenden Länder zu einer besseren Verteidigung ihrer Währungsparität nach außen befähigen. Nach Auffassung des Ministers beruht eine erfolgreiche Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion insbesondere auf einer soliden wirtschaftlichen, haushaltspolitischen und politischen Integration der Mitgliedstaaten. Damit aber wäre der Wirtschaftsunion der Vorrang eingeräumt. Das von ihm geplante „europäische Wirtschaftsministerium“ wäre nicht nur für den Gemeinschaftshaushalt, sondern auch für die nationalen Haushalte zuständig, die seiner direkten Kontrolle unterlägen. Unter diesen Umständen würden die nationalen Finanzministerien, die diesem supranationalen Organ unterstellt wären, lediglich über eine begrenzte Autonomie und im Wesentlichen über ausführende Funktionen verfügen.81


Einige Tage vor der Veröffentlichung führt das niederländische Finanzministerium für die Kabinettsmitglieder eine Analyse des abschließenden Werner-Berichts vor dem Hintergrund der Position der Niederlande durch, die diese im Verlauf der Verhandlungen eingenommen haben und die dem „deutschen Modell“ nahesteht.82 Der Werner-Ausschuss übernimmt daraus einige Schlussfolgerungen mit Blick auf die institutionelle Reform der Gemeinschaften, die weitgehend mit der Argumentation der Niederlande konform gehen (von Minister Witteveen in seiner oben genannten Rede vom 26. Mai 1970 dargelegt). Dabei geht es insbesondere um die Einrichtung eines von den nationalen Regierungen unabhängigen zentralen Verwaltungsorgans, das über wichtige wirtschaftspolitische Zuständigkeiten verfügt, sowie die Schaffung eines Systems von Zentralbanken nach dem Vorbild des Federal Reserve System in den USA. Die Übertragung von Befugnissen der nationalen Regierungen an das zentrale Verwaltungsorgan sollte mit der Übertragung von entsprechenden Befugnissen der nationalen Parlamente auf ein gewähltes europäisches Parlament einhergehen. In der niederländischen Analyse wird betont, dass in den kommenden Jahren grundlegende Bemühungen um eine wirtschaftspolitische Harmonisierung erforderlich sein werden. Die Mitgliedstaaten sollten sich gemeinsame Ziele setzen. Mit einer erfolgreichen wirtschaftspolitischen Harmonisierung wäre der Weg für die Einrichtung eines Fonds für die währungspolitische Zusammenarbeit und bis 1980 für die Schaffung einer Zentralbank geebnet.


Der Werner-Bericht trifft auf Zustimmung im Parlament83 und in der Regierung der Niederlande84, die ihn als „akzeptablen Kompromiss“ werten.85 Am 29. Oktober 1970 veröffentlicht die Europäische Kommission ihren eigenen Bericht auf Grundlage des Zwischenberichts der Werner-Gruppe, wodurch eine im Abschlussbericht erstmals erwähnte Problematik unter den Teppich gekehrt wird, nämlich die Vergemeinschaftung der Wirtschaftspolitik und das neue institutionelle Gefüge. Aus Sicht der niederländischen Regierung, die sich den Schlüsselpunkten des Werner-Berichts angeschlossen hat, ist der von der Kommission ausgearbeitete Plan inakzeptabel.86


Es sei daran erinnert, dass Präsident Werner um eine gemeinsame Position der Benelux-Staaten bemüht ist, seit die Expertengruppe ihre Arbeit aufgenommen hat und die ersten Unterschiede in der Herangehensweise immer sichtbarer werden. So findet am 2. April 1970 in Brüssel ein Treffen der Finanzminister und der Präsidenten der Zentralbanken der drei Länder statt.87 Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die Definition des Endziels der Wirtschafts- und Währungsunion sowie die Instrumente zu dessen Verwirklichung, insbesondere auf den Gebieten der Währungs- und Kreditpolitik, der Haushalts - und Steuerpolitik, der Integration der Kapitalmärkte sowie im institutionellen Bereich. Trotz der Bemühungen kann das gewünschte Ziel nur ansatzweise verwirklicht werden.88 Die Belgier und Luxemburger sind eher der monetaristischen Sichtweise Frankreichs zugeneigt, während die Niederländer sich klar auf die Seite der deutschen „Ökonomisten“ stellen. Es kann daher kein Einvernehmen zwischen den Benelux-Staaten erzielt werden. Allerdings gelingt es den Belgiern, sich in dieser Sitzung als Verfechter der Idee von der Schaffung eines Devisenausgleichsfonds zu behaupten, mit dem das zunehmend praktizierte Floaten der Wechselkurse abgeschafft werden soll.89 Im gesamten Verlauf der Tätigkeit des Werner-Ausschusses und bis zur Einleitung des Stufenplans haben sie zudem starken Einfluss auf die politischen Verhandlungen und Vermittlungen genommen.90 Als innerhalb der Ad-hoc-Gruppe die Gemüter hochkochen und ein gemeinsamer Standpunkt in immer weitere Ferne rückt, unterstützen die Belgier, die im ersten Halbjahr 1970 den Vorsitz des EG-Ministerrats innehaben, die Vermittlungsbemühungen des Vorsitzenden Werner. Vor diesem Hintergrund richtet Premierminister Gaston Eyskens am 15. Mai 1970 ein Schreiben an Bundeskanzler Willy Brandt.91 Am selben Tag schreibt Finanzminister, Baron Snoy et d’Oppuers, an seinen niederländischen Amtskollegen Witteveen.92 Die Belgier heben die politische Bedeutung für das europäische Einigungswerk hervor und setzen sich bei ihren jeweiligen Adressaten dafür ein, dass die deutsche und die niederländische Regierung ihre Vorbehalte überwinden und sich für das Vorhaben einer Wirtschafts- und Währungsunion einsetzen. Diese einander ergänzenden – und mit den deutsch-französischen Verhandlungen gleichlaufenden – Vermittlungsbemühungen tragen dazu bei, dass die niederländische und die deutsche Regierung ihre Bedenken fallen lassen. Der vorläufige und später der abschließende Werner-Bericht stoßen bei allen beteiligten Kräften auf Zustimmung, sowohl bei den Experten als auch im Rat der Minister für Wirtschaft und Finanzen und für allgemeine Angelegenheiten.


Belgien hat darüber hinaus von Anfang an zu den Verfechtern des europäischen Aufbauwerks und insbesondere der Wirtschafts- und Währungsunion gehört.93 Innerhalb des Werner-Ausschusses94 bevorzugt das Land den monetaristischen Ansatz95 als Impulsgeber für wirtschaftliche Konvergenz, lässt sich jedoch nach und nach von den Argumenten zugunsten einer symmetrischen Wirtschafts- und Währungsunion und von dem im Stufenplan festgelegten Grundsatz paralleler Fortschritte in den Bereichen Wirtschaft und Währung96 überzeugen.


In Belgien ruft die Veröffentlichung des Werner-Berichts positive Reaktionen hervor. Anlässlich der deutsch-belgischen politischen Konsultationen am 14. Oktober 1970 erläutert Außenminister Pierre Harmel die offizielle Haltung seiner Regierung und unterstreicht, dass die belgische Regierung der Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion (Werner-Plan) grundlegende Bedeutung einräumt. Die Gemeinschaft müsse nun einen Weg finden, den Entscheidungen, die ihr in diesem Zusammenhang abverlangt werden, größtmögliche politische Wirkungskraft zu verleihen.97 Im Bemühen um einen Konsens legt er seinem deutschen Amtskollegen Walter Scheel einen Plan für abgestimmte Maßnahmen der Sechs vor, der nach der offiziellen Vorlage des Berichts im Europäischen Ministerrat (26.- 27. Oktober 1970) eingeleitet werden könne. Der Ablauf gestaltet sich wie folgt: Zunächst verfügen die Regierungen über Bedenk- und Klärungszeit, innerhalb derer bei Bedarf weitere Studien durchgeführt werden können. Anschließend wird der Rat auf seiner Tagung vom November eine erste Prüfung des Werner-Berichts vornehmen und Umsetzungsbeschlüsse voraussichtlich im ersten Quartal 1971 fassen. Innerhalb dieses Zeitplans sind die Regierungen aufgefordert, die Auswirkungen der inhaltlichen Vorgaben des Werner-Plans auf ihre gemeinsame Zukunft zu bewerten und entsprechend zu handeln. „An dieser Stelle stehen wir vor einer wichtigen Entscheidung. Entweder wir beschränken uns darauf, die Orientierungen und Ziele des Werner-Plans zu bestätigen und uns ausschließlich auf die erste provisorische Stufe zu konzentrieren. Oder aber wir sind bereit, ausgehend von den Haager Zielsetzungen unseren Wunsch zum Ausdruck zu bringen, das Endziel durch eine langfristige politische Entscheidung zu erreichen, die in mehreren Stufen umgesetzt wird. Nach dem Vorbild der für den Vertrag von Rom eingerichteten Mechanismen wäre der Übergang von einer Stufe zur nächsten obligatorisch, sofern nicht der Rat anders befindet“.98 Sollte die Gemeinschaft eine solche Entscheidung treffen, wären umsichtige Verhaltensleitlinien erforderlich. Auf diese Weise könnte sie vermeiden, sich zu sehr auf die erste Stufe zu konzentrieren, indem sie – formal – den politischen Charakter ihrer Entscheidung betont und sich der Vorbereitung der nächsten Stufen einschließlich der Schaffung der erforderlichen juristischen Instrumente widmet. Mit einer derartigen Entscheidung und den dazugehörigen Maßnahmen würden insbesondere das Vereinigte Königreich, aber auch die übrigen Beitrittskandidaten in die Lage versetzt, sich der grundlegenden politischen Option anzuschließen. Gleichzeitig sollte das Inkrafttreten der neuen Rechtsinstrumente erst nach der Erweiterung der Gemeinschaft erfolgen. Bundesaußenminister Scheel begrüßt die einmalige Möglichkeit, die sich mit der gegenwärtigen politischen Konjunktur bietet, um das europäische Einigungswerk über die Bereiche Wirtschaft und Währung voranzubringen.99 Harmel und Scheel kommen überein, dass Belgien mit seinen Partnern in den Benelux-Staaten und Deutschland mit den beiden übrigen Mitgliedstaaten (Frankreich und Italien) Konsultationen aufnehmen, um der bereits skizzierten Strategie eine klarere Form zu geben.


Doch dazu soll es nicht kommen, weil Frankreich unverzüglich seine Missbilligung der Standpunkte der fünf übrigen Partner zum Ausdruck bringt. Die für den 9. November angesetzte Konzertierungssitzung der Finanzminister wird abgesagt100, und vier Tage später verkündet die französische Regierung, dass sie gegen die Festlegung konkreter Fristen und die Neuordnung des institutionellen Gefüges der Gemeinschaft sei. Allerdings bekräftigt sie ihre Unterstützung für die Ziele des Haager Schlusskommuniqués zur Wirtschafts- und Währungsunion. Angesichts der Tatsache, dass auf der Ministerratssitzung vom 24. und 25. November 1970 allgemeine Erklärungen und somit keine konkreten Ergebnisse vorgelegt werden, beschließt die belgische Regierung, ihre Vermittlungsbemühungen fortzusetzen. Fortan führt Belgien im Zusammenspiel mit seinem natürlichen Verbündeten Luxemburg eine diplomatische Offensive innerhalb des eher abgeschotteten und stärker fachlich orientierten AStV.101 Vor dem Hintergrund dieser Blockade im Zusammenhang mit den Grundprinzipien der Wirtschafts- und Währungsunion102 konzentriert Belgien seine Bemühungen darauf, konkrete und ausführliche Angaben zum Inhalt der ersten Stufe zu machen, und bringt gleichzeitig sein ausdrückliches Engagement zum Ausdruck, das Endziel innerhalb eines Jahrzehnts und spätestens bis zum 1. Januar 1980 zu verwirklichen. „Bei einem solchen Vorgehen lassen wir uns vor unseren Vorgängern aus dem Jahre 1957 inspirieren, indem wir unseren Nachfolgern bis 1980 die Aufgabe übertragen, das europäische Einigungswerk auf grundlegende Weise voranzubringen, und ihnen gleichzeitig zur Überwindung möglicher Hindernisse die Möglichkeit geben, sich auf eine grundlegende Verpflichtung aus dem Jahre 1970 zu stützen“.103


Das Scheitern der Ratstagung am 14. und 15. Dezember 1970104 ruft Enttäuschung hervor, insbesondere auf Seiten der Belgier und der Luxemburger, die seit langem um eine wirtschafts- und währungspolitische Integration bemüht sind.105 Vor diesem Hintergrund wendet sich Premierminister Gaston Eyskens in einem Schreiben an Pierre Werner und verweist auf „den bedeutenden Beitrag im Rahmen [seiner] Präsidentschaft, in deren Verlauf mit Entschlossenheit und Geschick nach Lösungen und einer möglichen Vereinbarung unterschiedlicher Standpunkte gesucht wurde, um letztendlich die Optionen und Methoden zur Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion festzulegen. [...] Ich verstehe und teile das Bedauern über das Ausbleiben einer Entscheidung des Ministerrates der EWG. [...] Sie selbst haben angesichts der Meinungsverschiedenheiten auf Lösungswege verwiesen, die für alle annehmbar sein könnten, Lösungen, bei denen der Schwerpunkt auf die wesentlichen und logischen Bestandteile einer Währungsunion gelegt wird, und dies mit dem Pragmatismus, der in der ersten Phase dieses Unterfangens vonnöten ist“.106 In diesem Zusammenhang bekräftigt er das uneingeschränkte Engagement der belgischen Regierung, „die auch weiterhin diese Vorhaben mit vollem Einsatz unterstützen wird107„.


Italien begrüßt die Veröffentlichung des Werner-Berichts, zu dessen Ausarbeitung italienische Persönlichkeiten einen wesentlichen Beitrag geleistet haben.108 Im Stufenplan werden Ideen aufgegriffen, die Italien am Herzen liegen109, darunter insbesondere der Grundsatz der Parallelität zwischen wirtschaftspolitischer Koordinierung und Fortschritten auf dem Weg zu einer Währungsunion110, eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen vollständig unabhängigen Zentralbanken als Zwischenschritt zur Einrichtung eines Devisenausgleichsfonds111, eine Harmonisierung der Instrumente für währungspolitische Zusammenarbeit, die Perspektiven einer entwicklungsorientierten gemeinsamen Regionalpolitik oder auch die Notwendigkeit einer Konsultation der Sozialpartner bei wichtigen Entscheidungen zur währungspolitischen Zusammenarbeit.112


Die am 29. Oktober 1970 veröffentlichten Vorschläge der Kommission, die sich auf den Werner-Bericht stützen, ihn jedoch deutlich abmildern113, lassen Unzufriedenheit aufkommen. Auf der Sitzung des Ausschusses der Präsidenten der Zentralbanken merken die italienischen Mitglieder an, dass es den Kommissionsvorschlägen an Klarheit mangelt und sie lediglich über einen symbolischen Wert verfügen.114 Sie vertreten die Auffassung, dass es für konkrete Fortschritte auf dem Weg zu einer Wirtschafts- und Währungsunion einer tatsächlichen Konvergenz der wirtschaftlichen Entwicklung und der währungspolitischen Zusammenarbeit zwischen den Partnern bedürfe.115 Nach Auffassung der Regierung in Rom wäre es besser gewesen, wenn die Kommission den Werner-Bericht übernommen hätte116, allerdings sollten sich die italienischen Mitglieder pragmatisch zeigen. Angesichts der starken Widersprüche zwischen den sechs Mitgliedstaaten befürworten die Italiener eine politische Entscheidung über die Einleitung der ersten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion ab dem 1. Januar 1971 und die eindeutige Festlegung des Endziels und der Frist für die Erreichung der Endphase.117 Italien schließt sich somit der belgisch-luxemburgischen Front an und setzt sich im AStV für diese Zielsetzung ein.118


Auf der Tagung des Ministerrates vom 8. und 9. Februar wird in letzter Minute ein Abkommen über deutsch-französische Konsultationen (Pariser Gipfel am 25. Januar 1971) zur ersten Stufe des Werner-Plans (geplant für den Zeitraum vom 1. Juli 1971 bis 31. Dezember 1973) erzielt.119 Dieses Abkommen wird in Form einer Entschließung über die stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion geschlossen, die vom Ministerrat und von den Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten sechs Wochen später gebilligt wird.120 Am 10. Februar 1971 äußert sich Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller zur Einleitung der Wirtschafts- und Währungsunion im Anschluss an die Beratungen des Vortags.121 In dieser ausgesprochen politischen Erklärung zeigt er sich „sehr zufrieden, dass wir nun zu einer Einigung gekommen sind. Damit ist wohl auch genügend dokumentiert – gerade bei der besonderen Rolle, die die Bundesrepublik im vorigen Jahr innerhalb der Werner-Gruppe und im Rat gespielt hat –, dass wir im Rahmen unserer Gesamtpolitik nach außen die Westpolitik und die Integrationspolitik höchst engagiert vorangebracht haben“.122 Bonn ist von der Hoffnung erfüllt, dass Paris Zugeständnisse im Bereich der für die zweite Stufe vorgesehenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen machen wird, um die währungspolitischen Maßnahmen nicht aufs Spiel zu setzen. Die Deutschen gehen das Risiko währungspolitischer Verpflichtungen bereits innerhalb der Anlaufphase ein, ohne über Garantien für eine künftige wirtschaftspolitische Harmonisierung oder bezüglich der institutionellen Strukturen zu verfügen.123 Die Bundesregierung ist zu diesen Zugeständnissen bereit, weil sie davon überzeugt ist, dass ihr Beharren auf einer vollständigen Annahme des Werner-Berichts zu einer neuen Krise zwischen den sechs Mitgliedstaaten führen könnte und als politischen Preis zur Folge hätte, dass die aufkeimende währungspolitische Zusammenarbeit ins Stocken gerät.


Mit Blick auf den Beitritt des Vereinigten Königreichs widmet sich der Werner-Ausschuss der Problematik des Pfund Sterling im Zusammenhang mit einer Wirtschafts- und Währungsunion der Gemeinschaft.124 Dementsprechend hat das Vereinige Königreich ein naturgemäßes Interesse am Werner-Bericht.125 Während der Ad-hoc-Ausschuss mit dem Zwischenbericht befasst ist126, geht in London bei den Wahlen vom 18. Juni 1970 die Konservative Partei als stärkste Kraft hervor, und es wird eine von Edward Heath127 geführte Regierung gebildet. Der neue Premierminister spricht sich öffentlich für einen Beitritt seines Landes zur Europäischen Gemeinschaft aus und hält das Streben nach einer Wirtschafts- und Währungsunion für Westeuropa, aber auch für das Vereinigte Königreich, für gerechtfertigt.128 Die Maßnahmen der britischen Regierung werden fortan von dieser Leitlinie bestimmt. Folglich sehen sich sowohl der Schatzkanzler129 als auch der Außenminister, die sich in der Vergangenheit dem Gedanken eines supranationalen Europa widersetzt hatten, gezwungen, eine Beitrittsstrategie zu verfolgen, bei der ihnen in erster Linie die währungspolitischen Folgen Sorgen bereiten.


Die abschließende Fassung des Werner-Berichts wird in London aufmerksam studiert.130 Angesichts der Tatsache, dass im Dokument vornehmlich auf die dreijährige erste Stufe eingegangen wird und mit der Umsetzung nur geringe Folgen für das Vereinigte Königreich verbunden sind (die Verstärkung des Konsultationsverfahrens hätte ggf. seine Beteiligung zur Folge), fällt die Haltung der britischen Regierung überwiegend positiv aus. Pierre Werner ist umfassend an der Ausarbeitung einer englischen Fassung des Berichts beteiligt und übernimmt selbst die Formulierung einiger Schlüsselpassagen. Er ist sehr um seine Verbreitung in Großbritannien bemüht und erläutert die darin enthaltenen Grundsätze und Konzepte im Rahmen von Debatten und Konferenzen, die er mit seinem Amtskollegen und späteren Freund Edward Heath131 veranstaltet.


Im November 1970 äußert sich der britische Außenminister, der zeitgleich über die Bedingungen für einen Beitritt des Vereinigten Königreichs zu den Europäischen Gemeinschaften verhandelt, offiziell zum Werner-Bericht sowie zum zweiten Barre-Plan132 und fasst auf diese Weise die britischen Leitlinien für die Gespräche mit den sechs Mitgliedstaten zusammen. Im Zusammenhang mit dem Beitritt im Jahre 1973 verweist das Foreign Office auf die revolutionären und radikalen Umwälzungen, die im Stufenplan für einen Zeitraum von zehn Jahren vorgesehen sind. Die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen seien zwar folgerichtig, allerdings müssten die Bemühungen, auf die man sich geeinigt habe, konsequent zu Ende geführt werden, damit sich Erfolge einstellen könnten.133 Die im Bericht behandelten Begriffe „Souveränität“, „Wechselkurse“ und „Währungsparität“ sowie der Zeitplan für die Umsetzung der verbindlichen Maßnahmen heizen die Debatten an und führen zu Meinungsverschiedenheiten. Die Briten stehen der Idee einer künftigen gemeinsamen Währung nicht ablehnend gegenüber, wollen sich allerdings vor ihrem vollständigen Beitritt zur Gemeinschaft zunächst an einem Europäischen Währungssystem beteiligen. Ferner machen sie sich Sorgen über den Status und die Verwaltung des Pfund Sterling, das zugleich Landeswährung und internationale Reservewährung ist, in einem Europa mit gemeinsamer Währung. Weiteren Anlass zur Besorgnis und Themen für die Beitrittsverhandlungen liefern auch die kurz- und mittelfristige wirtschaftspolitische Koordinierung sowie weitere Auswirkungen auf die währungspolitische Zusammenarbeit, wie sie im zweiten Barre-Plan vorgesehen sind. London verweist zudem auf die Besonderheiten, die es zu bewahren gilt (mit Blick auf die Währung sowie in struktur- und regionalpolitischen Fragen), und auf die Aspekte, die das Land von den übrigen Mitgliedstaaten unterscheiden, spricht sich allerdings für Lösungen aus, die für alle Seiten akzeptabel sind. Besondere Sorgen bereiten dem Land das institutionelle Gefüge der Gemeinschaft134 sowie das Ausmaß der Übertragung nationaler Befugnisse auf die Gemeinschaftsebene sowohl innerhalb der ersten Stufe (die als Experimentierperiode bezeichnet wird) als auch innerhalb der zweiten, in der eine Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung eingeführt wird. Das Vereinigte Königreich entscheidet sich für ein Engagement auf dem Weg zu einer Wirtschafts- und Währungsunion und rückt dabei die praktischen Maßnahmen im Rahmen der ersten Stufe (im Zusammenhang mit dem Barre-Plan) sowie die Verwirklichung einer wirtschafts- und währungspolitischen Koordinierung in den Vordergrund. Inhaltliche Überlegungen zur zweiten Stufe werden in Ermangelung von „Erfahrungswerten und klaren Vorstellungen“ vertagt.


In Washington werden die Arbeiten des Werner-Ausschusses in politischen wie auch in Wirtschaftskreisen, an den Universitäten und in den Medien aufmerksam verfolgt.135 Den privaten Unterlagen von Pierre Werner ist zu entnehmen, dass regelmäßige (offizielle und inoffizielle) Kontakte mit den US-Behörden und Politikern stattgefunden haben. Aufgrund seiner guten Verbindungen zur Finanzwelt jenseits des Atlantiks und zu luxemburgischen Bankern, die insbesondere in den USA gut vertreten sind, sowie angesichts seiner freundschaftlichen Beziehungen zu US-Botschaftern in Luxemburg (insbesondere zu Kingdon Gould) hat er häufig Gelegenheit, sich mit den ihn interessierenden Aspekten der internationalen Dimension des Stufenplans vertraut zu machen. Er führt Gespräche mit dem Präsidenten des Federal Reserve Board der USA, Arthur Burns. Gleichzeitig haben die Mitglieder der Werner-Gruppe und die Finanzminister der sechs Mitgliedstaaten bei den Sitzungen des IWF und den damit verbundenen protokollarischen Anlässen Gelegenheit, informelle Gespräche mit ihren US-amerikanischen Kollegen (oder mit internationalen Fachleuten) zu führen und dabei die verschiedenen Ansichten zu den einzelnen Gesichtspunkten des Stufenplans auszuloten. An dieser Front sind der Vorsitzende des Währungsausschusses, Bernard Clappier, sowie das Mitglied des Ausschusses der Zentralbankpräsidenten, Rinaldo Ossola, aktiv.136 Darüber hinaus trifft Pierre Werner zweimal mit dem Präsidenten des IWF zusammen, den er bereits über Jean Monnet zur Frage der europäischen Währungsidentität konsultiert hatte. Die US-Beamten halten sich zwar mit Kommentaren zur währungspolitischen Diskussion in Europa zurück, lassen sich jedoch ausführlich über die Ausarbeitung des Stufenplans sowie über die Kontroversen informieren, die die Tätigkeit der Werner-Gruppe bestimmen und die in den US-Medien ausführlich behandelt werden. Einige Tage nach der Annahme des Werner-Berichts treffen Pierre Werner und Bernard Clappier mit US-Diplomaten zusammen, denen sie versichern, dass in diesem Dokument schlussendlich die unterschiedlichen Ansätze miteinander vereinbart werden konnten und dass die Wirtschafts- und die Währungsunion einander bedingen. Die politische Union wird als langfristigere Zielsetzung bezeichnet, die sich auf die beiden anderen Aspekte stützt. Mit dem Bild, das sie von der künftigen europäischen Währungsidentität zeichnen, schließen sie jegliche Möglichkeit einer größeren Flexibilität der europäischen Währungen innerhalb des internationalen Währungssystems aus. „Dieser Widerstand stellt einen Rückschlag für die USA dar, die die Vorteile einer Währungsunion offensichtlich nur dann sehen, wenn damit eine Verbesserung der Währungsposition der USA und der schnellere Übergang zu einem flexibleren Wechselkurssystem verbunden wären“.137 Dementsprechend hat Washington Vorbehalte gegenüber einem europäischen Währungsblock, der anti-amerikanische Züge zu tragen scheint. Mit Hilfe der Wirtschafts- und Währungsunion wolle Europa zu einer Währungssouveränität finden, die zugunsten des US-Dollars verloren gegangen sei.138 Durch den daraus resultierenden Wettbewerb zwischen der europäischen Währung und dem Dollar könnten den übermäßigen Dollar-Schwankungen und der expansionistischen Wirtschaftspolitik Einhalt geboten werden.139

1 Vorbehaltlich anders lautender Angaben ist die Quelle aller in dieser Studie zitierten Dokumente www.cvce.eu.

2 Siehe Abschnitt 4.6 „Der Werner-Bericht in den internationalen Medien der damaligen Zeit“.

3 WERNER, Pierre. Idem, S. 131.

4 Gemäß dem Stufenplan soll die Wirtschafts- und Währungsunion letztendlich „ermöglichen, Wachstum und Stabilität in der Gemeinschaft zu sichern, den Beitrag der Gemeinschaft zum wirtschaftlichen und monetären Gleichgewicht der Welt zu verstärken und aus der Gemeinschaft einen Stabilitätsblock zu machen“. Vgl. Bericht an Rat und Kommission über die stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft (Werner-Bericht) Luxemburg, 8. Oktober 1970, Sonderbeilage zum Bulletin 11 - 1970, S. 28. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

5 Die offizielle deutsche Haltung zur Währungsintegration ist dem von Wirtschaftsminister Karl Schiller am 12. Februar 1970 vorgelegten Memorandum, besser bekannt unter dem Namen Schiller-Plan, zu entnehmen. Dieser Plan sah die Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion in vier Stufen von unbestimmter Dauer vor, wobei die Endstufe aber 1978 eingeleitet werden sollte. Die beiden ersten Stufen (1970-1975) waren dabei die wichtigsten, hatten sie doch die Verwirklichung der Harmonisierung der Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik sowie die Schaffung eines mittelfristigen Beistandssystems bei gravierenden Zahlungsbilanzungleichgewichten zum Ziel. Das Endziel – die endgültige Festlegung der Wechselkurse, ja selbst die Einführung einer europäischen Währungseinheit sowie der Ausbau des Ausschusses der Notenbankgouverneure zu einem europäischen Zentralbankrat – wurde nur vage skizziert, ohne Angaben über Durchführungsmodalitäten oder einen Zeitplan. Der Schiller-Plan war Teil der Arbeitsunterlagen des Werner-Ausschusses und wurde am 12. Februar 1970 in den Tagesnachrichten des Bundesministeriums für Wirtschaft, 27.2.1970, Nr. 6122, und später erneut von Hans Tietmeyer veröffentlicht in Währungsstabilität für Europa. Beiträge, Reden und Dokumente zur europäischen Währungsintegration aus vier Jahrzehnten. Baden-Baden: Nomos, 1996, S. 88-94.

6 Vgl. Schreiben von Karl Schiller an Willy Brandt, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundeswirtschaftsminister, Bonn, den 14.10.1970, Gesch.-Z:E1-IA1-03 00 00/10 – (n.i.E). Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/93463.

7 Ebenda.

8 Zur offiziellen Haltung des Bundesbankpräsidenten siehe KLASEN, Karl, Die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der EWG aus der Sicht der Deutschen Bundesbank. Europa-Archiv, Heft 13. Bonn: 1970, S. 449-458.

9 Siehe Abschnitt 1.3 „Wirtschafts- und währungspolitisches Umfeld Ende der 1960er Jahre“.

10 Siehe Kapitel 2 „Einsetzung des Werner-Ausschusses und Verlauf seiner Arbeiten (März-Oktober 1970)“.

11 Entwurf des Protokolls der 35. Konferenz der Finanzminister der EWG (Venedig, 29. und 30. Mai 1970). Vertraulich, Ref. ORII/57/70-F. Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen. Brüssel: 5. Juni 1970, S. 4. Historische Archive der Europäischen Kommission. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

12 Bundesbankpräsident Otto Pöhl gibt zu bedenken, dass sich eine Währungsintegration nicht schneller als die allgemeine wirtschaftliche Integration vollziehen kann.

13 325. Sitzung des Zentralbankrats, Deutsche Bundesbank, 4.11.1970. Protokoll S. 13. Historisches Archiv der Bundesbank.

14 315. Sitzung des Zentralbankrats, Deutsche Bundesbank, 3.6.1970. Protokoll, S. 12-15. Historisches Archiv der Bundesbank.

15 Gespräch des Bundeskanzlers Brandt mit dem belgischen Außenminister Harmel, 14. Oktober 1970. Dok. 468. In Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. 1970. Band III (1. September bis 31. Dezember). Vom Auswärtigen Amt in Auftrag gegebene Veröffentlichung des Instituts für Zeitgeschichte. München: R. Oldenburg Verlag, 2001, S. 1752-1754.

16 Aufzeichnung über das Gespräch des Herrn Bundeskanzler mit dem belgischen Außenminister Harmel am 14.10.1970, 12.30 Uhr. Bundeskanzleramt, Gruppe II/1, Bonn, 16. Oktober 1970. Koblenz: Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft) / 93463.

17 Schreiben von Willy Brandt an Karl Schiller, 21. Oktober 1970. Historisches Archiv der Bundesbank, Nr. 2, Ausgabe 156, zitiert von WILKENS, Andreas. Une tentative prématurée? L’Allemagne, la France et les balbutiements de l’Europe monétaire (1969-1974). In Dynamiques européennes. Nouvel espace. Nouveaux acteurs. 1969-1981. DU RÉAU, Élisabeth et FRANK, Robert (Hrsg.). Paris: Publication de la Sorbonne, 2002.

18 Erklärung zur Europapolitik, 6. November 1970. In BRANDT, Willy. Reden und Interviews. Vol. I, p. 238.

19 Wie Pierre Werner in seinen Memoiren darlegt, schlägt Bundeskanzler Brandt, der überzeugt davon ist, dass die Einführung einer wirklichen Währungszusammenarbeit eine Möglichkeit zur Vertiefung des gemeinschaftlichen Integrationsprozesses darstellt, im Vorfeld des Haager Gipfeltreffens (1.-2. Dezember 1969) vor, die Möglichkeit der Einrichtung eines gemeinsamen Devisenfonds, eines Rücklagenfonds, zu prüfen, wie dies von Robert Triffin angeregt und von Jean Monnet vorgeschlagen worden war. Der deutsche Wirtschafts- und Finanzminister Karl Schiller war gegenteiliger Auffassung und zog den Aufbau einer Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in internationalen Währungsangelegenheiten vor. Aufgrund des Fehlens eines innenpolitischen Konsenses zeigte sich die deutsche Regierung skeptisch, was die Durchführbarkeit von Vorhaben zur Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion anbelangte, was in einer gewissen Zurückhaltung im Verlauf der Arbeiten der Ad-hoc-Gruppe zum Ausdruck kam.

20 Mitteilung und Vorschläge der Kommission an den Rat über die stufenweise Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion. Dokument KOM(70)1250, 29.10.1970. In Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Annexe C 140 vom 26. November 1970, Sonderbeilage zum Bulletin 11/1970. Luxemburg. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

21 Vgl. Stufenplan zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion. Mitteilung und Vorschläge der Kommission an den Rat über die stufenweise Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion. (DOK. KOM(70) 1250 vom 29. Oktober 1970, Service E A, Bonn, 3. November 1970. Schreiben des Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Detlev Rohwedder, Bonn, 4. November 1970 an die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, Katharina Focke. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv.

22 Bonn kritisiert Interpretation des Werner-Plans durch Brüssel. Politisches Engagement vermisst/Operiert die Kommission vorsichtig? In Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. November 1970. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

23 Stellungnahme zum Bericht an Rat und Kommission über die stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft. Kopie eines Schreibens des Bundesratspräsidenten. Bonn, 4. Dezember 1970. Im Anhang an das Schreiben des Bundesratspräsidenten vom 4.12.1970 an den Bundeskanzler. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv, Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/161037.

24 Stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion der Gemeinschaft. Protokolle der Parlamentsdebatten, Sitzung vom 18. November 1970, CarDoc, Europäisches Parlament. In Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Sonderbeilage Nr. 151/23 vom 29. Dezember 1970, S. 98-100. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

25 Déclarations officielles allemandes au cours de l’année 1970 sur l’Union économique et monétaire et l’unification politique européenne (Offizielle Erklärungen Deutschlands im Verlauf des Jahres 1970 zur Wirtschafts- und Währungsunion und zur politischen Einigung Europas). 11. Januar 1971, Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Französischen Republik, Sammlung EG, Direktion Wirtschaft und Finanzen, Abteilung Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Reihe PM, Bd. 972 „WWU“, Dossier PM 19.3. La Courneuve: Archives diplomatiques.

26 Ebenda.

27 Siehe Abschnitt 3.4 „Ökonomisten gegen Monetaristen: Einvernehmen und Meinungsverschiedenheiten bei der Ausarbeitung des Werner-Berichts“.

29 POMPIDOU, Georges. Entretiens et discours. Band II: 1968-1974. Paris: Plon, 1975. 321 S.

30 In einer vertraulichen diplomatischen Depesche Deutschlands vom 10. November 1970 wird auf die Spaltung innerhalb der französischen Regierung in der Frage des Stufenplans eingegangen. Vgl. Tgb. Nr. Room. i-7306/5848/70 Vs-Vertr. V.10.11.1970, Vs-Vertraulich, Amtlich geheim halten, Betr. Französische Haltung zum Werner-Bericht. Bundesministerium für Wirtschaft, vertraulich, 10. November 1970. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/93465.

31 Michel Debré (1912-1996), französischer Politiker. Ab 1958 ist er Justizminister der III. Regierung unter de Gaulle, ab Januar 1959 Premierminister. Von diesem Amt tritt er im April 1962 nach Unstimmigkeiten mit Staatspräsident de Gaulle in der Algerienfrage zurück. Im Anschluss bekleidet er von 1966 bis 1968 das Amt des Wirtschafts- und Finanzministers, von 1969 bis 1969 des Außenministers und schließlich von 1969 bis 1973 des Verteidigungsministers.

32 Michel Debré erläutert seine ablehnende Haltung gegenüber einer europäischen Währung in einem Schreiben an den belgisch-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Robert Triffin, der bei den von Jean Monnet und dem Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa verfolgten Vorhaben zur Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion eine tragende Rolle spielt. Debré vertritt die Auffassung, dass sich die Frage einer gemeinsamen Währung nicht stellen kann, solange sich Europa nicht für eine Unabhängigkeit von den USA entschieden hat. Schreiben von Michel Debré an Robert Triffin vom 18. August 1970. Archives Triffin, Université catholique de Louvain-la-Neuve. Abgedruckt in BOSSUAT, Gérard. Faire l’Europe sans défaire la France. 60 ans de politique d’unité européenne des gouvernements et des présidents de la République française. (1943-2003). Brüssel: Éditions PIE Peter Lang, 2005, S. 432-433.

33 Jacques Duhamel (1924-1977), französischer Politiker. Er wird 1962 und erneut 1967, 1968 und 1973 für verschiedene Parteien der Mitte zum Abgeordneten gewählt. Ab 1969 ist er Vorsitzender der Partei „Centre démocratie et progrès“ (Zentrum Demokratie und Fortschritt). Unter Georges Pompidou ist er von 1969 bis 1971 Landwirtschaftsminister und von 1971 bis 1973 Minister für kulturelle Angelegenheiten.

34 René Pleven (1901-1993), französischer Politiker. Er ist Präsident des Regionalrats sowie mehrfach Minister innerhalb der IV. und später innerhalb der V. Republik unter Staatspräsident Georges Pompidou. Zwischen 1969 und 1973 bekleidet er das Amt des Justizministers.

35 Vgl. Tgb. Nr. Room. i-7306/5848/70 Vs-Vertr. V.10.11.1970, Vs-Vertraulich, Amtlich geheim halten, Betr./Französische Haltung zum Werner-Bericht. Bundesministerium für Wirtschaft, vertraulich, 10. November 1970. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv, Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/93465.

36 Der Widerstand de Gaulles gegen einen Beitritt des Vereinigten Königreichs zu den Europäischen Gemeinschaften beruht hauptsächlich auf der Währungsfrage. Siehe Pressekonferenz des Präsidenten der Französischen Republik am 27. November 1967 im Elysée-Palast. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

37 Mit den Herren Chaban-Delmas, Schumann, Giscard d’Estaing, Duhamel, Donnedieu de Vabres, Alphand, Wormser, Boegner, Nora, Esteva (Leiter des Kabinetts des Ministers für industrielle Entwicklung, François-Xavier Ortoli, den er vertritt), Clappier, Larre und Brunet.

38 Compte rendu du conseil restreint du mercredi 18 novembre à 15h30 consacré aux affaires européennes (Protokoll der kleinen Ratstagung am Mittwoch, den 18. November, um 15.30 Uhr zu europäischen Angelegenheiten). Archives Françaises, 5 AG 2, vol. 1043, point II.

39 Ebenda.

40 Ebenda.

41 Zu den französischen Mitgliedern der Werner-Gruppe gehören Bernard Clappier, Vorsitzender des Währungsausschusses, und sein Stellvertreter, Jean-Michel Bloch-Lainé.

42 WERNER, Pierre. Itinéraires. T. II, S. 132.

43 Siehe BUSSIERE, Eric et WILLAERT, Emilie, Un projet pour l’Europe: Georges Pompidou et la construction européenne. Brüssel: PIE Peter Lang (éd.), 2010. Collection Georges Pompidou – Archives no 4.

44 Ein dritter Franzose, Georges Morelli (Beamter in der GD II) leitet das technisches Sekretariat des Werner-Ausschusses.

45 Siehe Kapitel 2 „Einsetzung des Werner-Ausschusses und Verlauf seiner Arbeiten (März-Oktober 1970)“.

46 BERNARD, Jean-René. La position du gouvernement français face au plan Werner. In: Le rôle des ministères des Finances et de l’Économie dans la construction européenne (1957-1978). 2 tomes. Paris: Publication des Journées préparatoires qui se sont tenues à Bercy le 14 novembre 1997 et le 29 janvier 1998. Comité pour l’histoire économique et financière de la France, 2002, tome 2, S. 127-132.

47 BLOCH-LAINE, Jean-Michel. Le plan Werner: Quels enjeux? Quelle démarche? In: Le rôle des ministères des Finances et de l’Économie dans la construction européenne (1957-1978), S. 123-126.

48 Fernschreiben aus Paris für Bundesminister für Finanzen und für die Bundesbank. Nr. 3071 vom 22. Oktober 1970, AZ.WI 3a2-84.01. Französische Haltung gegenüber Werner-Bericht. V.19.10.70, v. 21.10.70. Gezeichnet Ruete. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz.

49 Eine mündliche Anfrage des UDR-Abgeordneten aus dem Département Pas-de-Calais, Jacques Vendroux, Schwager von General de Gaulle, an den Außenminister. Die Wortmeldung bildet den ersten Teil im Fernschreiben aus Paris für Bundesminister für Finanzen und für die Bundesbank. Nr. 3071 vom 22. Oktober 1970, AZ.WI 3a2-84.01. Französische Haltung gegenüber Werner-Bericht. V.19.10.70, v. 21.10.70. Gezeichnet Ruete. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz – und in der Tageszeitung Le Monde in der Ausgabe vom 22. Oktober 1970 abgedruckt. Auszug aus dem Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048.

50 Compte rendu intégral de la 43e séance. 3e séance du jeudi, 5 novembre 1970 (Vollständiges Protokoll der 43. Sitzung. 3. Sitzung von Donnerstag, 5. November 1970). Nationalversammlung. Verfassung vom 4. Oktober 1958. 4. Wahlperiode. Erste Ordentliche Sitzungsperiode 1970-1971, S. 5181-5217. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

51 Wortmeldung des RPF-Abgeordneten Michel Habib-Deloncle. Vollständiges Protokoll der 43. Sitzung. 3. Sitzung von Donnerstag, 5. November 1970. Nationalversammlung. Verfassung vom 4. Oktober 1958. 4. Wahlperiode. Erste Ordentliche Sitzungsperiode 1970-1971, S. 5201. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048.

52 Siehe in diesem Zusammenhang die Wortmeldung des Abgeordneten der KP, Roland Leroy: „Heute […] erfahren wir, dass die Kommission der EWG den Werner-Bericht in seinen wesentlichen Punkten unterstützt hat. Bedeutet dies, dass sich mit dem nächsten Haushaltsentwurf für 1972 die supranationalen Behörden mit ,Empfehlungen zur Orientierung der Wirtschaftspolitik […] in spezifischer und detaillierter Form an jeden einzelnen Mitgliedstaat wenden‘ werden? Dies wäre ein erster Schritt, denn in der Folge ist vorgesehen, dass die Eckwerte der öffentlichen Gesamthaushalte […] auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden“ müssen. Weiter heißt es im Werner-Bericht: „[…] das wirtschaftspolitische Entscheidungsgremium [muss] in der Lage sein, die nationalen Haushalte […] zu beeinflussen [...] wird es schließlich auch für die anderen vergemeinschafteten Bereiche der Wirtschafts- und Sozialpolitik verantwortlich sein müssen.“ Das zentrale Ziel scheint wie folgt zu lauten: „Diese Maßnahmen erfordern zunächst eine noch engere Koordinierung der nationalen Politiken, sodann ihre Harmonisierung durch Annahme gemeinsamer Richtlinien und Entscheidungen und schließlich die Übertragung von Befugnissen von den nationalen auf die Gemeinschaftsinstanzen.“ Es wird sehr deutlich gemacht, dass „[d]iese Übertragung von Befugnissen und der entsprechende Ausbau der Gemeinschaftsinstitutionen […] Vorgänge von grundlegender politischer Bedeutung [sind], die eine progressive Entwicklung der politischen Zusammenarbeit voraussetzen. Die Wirtschafts- und Währungsunion erscheint somit als ein Ferment für die Entwicklung der politischen Union, ohne die sie auf die Dauer nicht bestehen kann.“ Wortmeldung des KPF-Abgeordneten Roland Leroy. Vgl. Vollständiges Protokoll der 43. Sitzung. 3. Sitzung von Donnerstag, 5. November 1970. Nationalversammlung. Verfassung vom 4. Oktober 1958. 4. Wahlperiode. Erste Ordentliche Sitzungsperiode 1970-1971, S. 5206. Archive der Familie von Pierre Werner, Ref. PW 048.

53 Ebenda, S. 5205.

54 Wortmeldung des UDF-Abgeordneten Aymar Achille-Fould. Vollständiges Protokoll der 43. Sitzung. 3. Sitzung von Donnerstag, 5. November 1970. Nationalversammlung. Verfassung vom 4. Oktober 1958. 4. Wahlperiode. Erste Ordentliche Sitzungsperiode 1970-1971, S. 5208. Archive der Familie von Pierre Werner, Ref. PW 048.

55 Die deutsche Seite bringt ihre Skepsis angesichts der Finanzierungsklauseln zum Ausdruck, solange keine spürbaren Maßnahmen zur Koordinierung der Politikbereiche erzielt worden sind.

56 Dieses Schreiben wurde auf Anregung des Außenministers der luxemburgischen Regierung, Gaston Thorn, verfasst, dem eine europäische Zukunft Luxemburgs sehr am Herzen liegt und der Pierre Werner in seinen Aufgaben als Vorsitzender der Expertengruppe unterstützt.

57 Schreiben des luxemburgischen Ministerpräsidenten vom 29. Dezember 1970 an den Bundeskanzler Bundeskanzleramt, Gruppe II/1, Bonn, den 5. Januar 1971. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/161037. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

58 Brief von Willy Brandt an Pierre Werner, 1. Februar 1971. Archive der Familie von Pierre Werner, Ref. PW 048. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

59 Die „Vorbehaltsklausel“, die ab der zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zur Anwendung kommt, sieht vor, dass jeder der Partner für den Fall, dass ein Land es ablehnt, die von der Gemeinschaft empfohlenen Wirtschaftsreformen durchzuführen, von seiner Verpflichtung zur gegenseitigen Unterstützung zurücktreten kann.

60 Vgl. Ergebnis der deutsch-französischen Konsultationen, Kurzbericht über die Ergebnisse der deutsch-französischen Konsultationen am 25/26. Januar 1971. Service E. A. Bonn, Dr. Hans Tietmeyer. Paris, den 27. Januar 1971. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/161038. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

61 Gaston Thorn übermittelt Pierre Werner einen vom luxemburgischen Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland verfassten Bericht mit Datum vom 27. Januar 1970. Darin zieht dieser Bilanz über seine Gespräche mit dem deutschen Staatssekretär von Braun und legt dessen Ansichten zu den Ergebnissen des deutsch-französischen Gipfeltreffens in der Frage der Wirtschafts- und Währungsunion dar. Zu dieser Depesche merkt der Außenminister an „An den Herrn Staatsminister zur Information. Dieser Bericht, der sich hauptsächlich auf die Wirtschafts- und Währungsunion bezieht, wird Sie sicherlich interessieren. Wir sind am 28. um 17.00 Uhr zusammengekommen, und angesichts der Tragweite lasse ich Ihnen diesen Bericht übermitteln“. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048.

62 Siehe Entretien Pompidou-Brandt, 25.1.1971, 12h-13h15, Archives Françaises, 5 AG 2, vol. 105. Im Gespräch mit Pompidou ist der Bundeskanzler dennoch bemüht, an der gemeinsamen Ausrichtung des Prozesses festzuhalten und wünscht sich eine Einigung mit dem französischen Staatspräsidenten in der Frage, was im Anschluss an die erste Stufe zu machen sei.

63 Karl Schiller fordert im Verlauf der Verhandlungen vom 14.-15. Dezember 1970 die Einführung einer „Vorbehaltsklausel“, die eine Aussetzung der Maßnahmen zur Währungsintegration vorsieht, sofern die Annäherung der Volkswirtschaften noch nicht ausreichend fortgeschritten ist.

65 Zu den deutschen Teilnehmern gehören die Staatssekretäre Johann Baptist Schöllhorn (ehemaliges Mitglied des Werner-Ausschusses) und Detlev Karsten Rohwedder sowie Hans Tietmeyer (ehemaliges stellvertretendes Mitglied des Werner-Ausschusses).

66 Vertrauliche, interne Aufzeichnung über das Gespräch zwischen Vizepräsident Barre und Minister Schiller am 22. Januar 1971 in Bonn betr. Stufenplan für Wirtschafts- und Währungsunion. Service E. A, Dr. Hans Tietmeyer, Bonn, den 22. Januar 1971. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/161038.

67 Bericht an Rat und Kommission über die stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft. (Werner-Bericht). Luxemburg, 8. Oktober 1970, Sonderbeilage zum Bulletin 11/1970.

68 WERNER, Pierre. Itinéraires. T. II, S. 134.

69 Entretiens franco-allemands au Quai d’Orsay – Diplomatischer Bericht, 25. Januar 1971, Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Französischen Republik, Sammlung EG, Direktion Wirtschaft und Finanzen, Abteilung Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Reihe PM Vol. 973, „Gipfeltreffen“, Dossier PM 19.6.1. La Courneuve: Archives diplomatiques françaises. Siehe auch Gespräch des Bundeskanzlers Brandt mit Staatspräsident Pompidou in Paris, 25. Januar 1971. Dok. 27. ZA 5-3.1/71. Vertraulich. In Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. 1971. Band I (1. Januar bis 30 April). Veröffentlicht im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. München: R. Oldenburg Verlag, 2002, S. 115 123. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

70 Siehe Kapitel 2 „Einsetzung des Werner-Ausschusses und Verlauf seiner Arbeiten (März-Oktober 1970)“.

71 Im Werner-Bericht ist es gelungen, zwei eigentlich unvereinbare Vorstellungen zusammenzubringen, die im Verlauf der Arbeiten der Expertengruppe immer wieder aufeinander gestoßen sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Vorstellungen Frankreichs als Verfechter „monetaristischer“ Thesen (die eine wachsende Stabilisierung der Wechselkurse bis zu ihrer endgültigen und unwiderruflichen Festlegung zum Gegenstand haben) und die Auffassungen Deutschlands als Anhänger des „ökonomistischen“ Ansatzes (bei dem die vorherige Konvergenz der wirtschafts- und währungspolitischen Strategien und Leistungen im Vordergrund steht). Im Werner-Bericht sind gleichlaufende Fortschritte in beiden Bereichen vorgesehen.

72 Im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion erachtet es Deutschland als dringend erforderlich, neben der künftigen Zentralbank ein politisches Gremium einzurichten, das für eine strenge europäische Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitiken verantwortlich zeichnet. Dies schließt Frankreich kategorisch aus, weil es in diesem Bereich eine zu starke Einschränkung der nationalen Souveränität befürchtet. In Ermangelung einer Einigung wird diese Entscheidung vertagt, und die Debatte endet mit der Aufgabe des ersten Vorhabens einer Währungsunion nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems. Vgl. Gespräch des Bundeskanzlers Brandt mit Staatspräsident Pompidou in Paris, 25. Januar 1971. Dok. 27. ZA 5-3.1/71. Vertraulich. In Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland. 1971. Band I (1. Januar bis 30 April). Veröffentlicht im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. München: R. Oldenburg Verlag, 2002, S. 115-123.

73 Diese Vorgabe ist im Schiller-Plan enthalten – dem deutschen Plan für eine Wirtschafts- und Währungsunion, der am 2. Februar 1970 veröffentlicht wurde und dem Ad-hoc-Ausschuss zu Beginn seiner Tätigkeiten vorlag –, der als einziger keinen automatischen Übergang von einer Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zur nächsten vorsieht und bei jedem Übergang eine entsprechende Entscheidung des Rates voraussetzt. In Tagesnachrichten des Bundesministeriums für Wirtschaft, 27.2.1970, Nr. 6122.

74 Débat de politique étrangère au Bundestag: Union économique et monétaire, Diplomatisches Telegramm 601/09, Bonn, 30. Januar 1971, Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Französischen Republik, Sammlung EG, Direktion Wirtschaft und Finanzen, Abteilung Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Reihe PM, Bd. 972, „WWU/bilaterale Beziehungen“, Dossier PM 19.3. La Courneuve: Archives diplomatiques françaises. Siehe auch Interview mit Jacques de LAROSIERE, Les réactions en France après la sortie du rapport Werner (Paris, 22 mai 2008), CVCE. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

75 WERNER, Pierre. Itinéraires. T. II, S. 136.

76 Im Verlauf der 1960er Jahre tritt die niederländische Regierung als leidenschaftlicher Verfechter der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen des Bretton-Woods-Systems auf, das dem Bedürfnis der Niederlande nach festen Wechselkursen und gemeinsamen Regeln entspricht. Aus diesem Grund werden europäische währungspolitische Initiativen als uninteressant, ja sogar unnötig betrachtet und nicht unterstützt. Ein diesbezügliche Kehrtwende ist zu Beginn der 1970er Jahre zu beobachten, als der Plan der Sechs, eine Wirtschafts- und Währungsunion zu verwirklichen, Formen annimmt und angesichts der internationalen Währungsturbulenzen die Einstellung der niederländischen Regierung gegenüber einer europäischen Währungszusammenarbeit immer positiver ausfällt. Vor diesem Hintergrund werden die Schlussfolgerungen des Haager Gipfeltreffens (1.-2. Dezember 1969) und die Einrichtung des Werner-Ausschusses, der die Möglichkeiten der Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft ausloten soll, begrüßt.

77 PATIJN, Schelto und BRUGMANS, Henri. Jalons dans l’Europe unie. Leyde: 1970, S. 216. In European aspects: A collection of studies relating to European integration, n° 10.

78 Dieses Problem betrifft nicht nur die Niederlande. Die Außenminister verlieren endgültig die Zuständigkeit für die europäische Dimension der Wirtschaftspolitik mit der Regierungskonferenz 1990-1991, auf der die Wirtschafts- und Finanzminister die Verhandlungen führen und für zwei dem EG-Vertrag angefügte Erklärungen über die Anerkennung der Zuständigkeiten des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ anstelle des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ bei Fragen im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion sorgen.

79 Cf. BROUWER, Jan Willem und HARRYVAN, G. Anjo. Les Pays-Bas et la coopération monétaire européenne, 1968-1972. In: Le rôle des ministères des Finances et de l’Économie dans la construction européenne (1957-1978). Paris: Actes du colloque tenu à Bercy les 26, 27 et 28 mai 1999, tome 1, S. 98.

80 Ebenda, S. 87.

81 Siehe CATZ, Paul. Politieke integratie nodig voor Europese monetaire unie. Witteveen vroeg zelf om spreekbeurt. Elseviers Weekblad, 27. Juni 1970. Entsprechend skizziert Minister Witteveen die Aufgaben des wirtschaftspolitischen Entscheidungsgremiums, die später im Werner-Bericht aufgegriffen werden. Einige Tage im Anschluss an diese Erklärung stellen sich die Niederlande und Deutschland auf der Tagung des Ministerrats am 10. Juni 1970 erfolgreich gegen das französisch-belgische Vorhaben einer Verringerung der Schwankungsmargen der Wechselkurse zwischen den Sechs, das die erste Stufe auf dem Weg hin zu einer Wirtschafts- und Währungsunion darstellen soll. Die Niederländer betonen, dass ohne ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Einigung keine Übereinkunft darüber erzielt werden könne, die Änderung von Paritäten auszuschließen. Letzten Endes trägt die deutsch-niederländische Offensive gegen den unklaren Charakter der Maßnahmen zur wirtschaftlichen Integration und die Unverbindlichkeit der Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Konvergenz, die im Zwischenbericht des Werner-Ausschusses formuliert werden, Früchte. Der Abschlussbericht, der am 8. Oktober vorgelegt wird und vom Grundsatz der Parallelität zwischen wirtschaftlichen und währungspolitischen Fortschritten geprägt ist, sieht die Einrichtung eines wirtschaftspolitischen Entscheidungsgremiums und eines gemeinschaftlichen Zentralbanksystems vor. Auf diese Weise sollen die Zentralisierung der inneren und äußeren Währungspolitik der Gemeinschaft sowie die Festlegung von Grenzen für die Haushalts- und Konjunkturpolitik auf Gemeinschaftsebene ermöglicht werden.

82 Siehe Analyse des Werner-Berichts im niederländischen Finanzministerium. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048. Dokument vom 12.-13. Oktober 1970, vermutlich als Anhang zu einer an Pierre Werner, Premierminister und Finanzminister des Großherzogtums Luxemburg, gerichteten Depesche. In der Einleitung wird Folgendes festgestellt: „Der Ausschuss, der eine Studie unter Leitung des luxemburgischen Ratspräsidenten, Pierre Werner, zum Stufenplan für eine Wirtschafts- und Währungsunion in der Europäischen Gemeinschaft durchgeführt hat, hat seinen Bericht in der vergangenen Woche fertiggestellt. Er wird dem Europäischen Rat und der Europäische Kommission voraussichtlich in den kommenden Tagen übermittelt“. Aus der Analyse geht hervor, dass der Werner-Ausschuss zwar zu dem Schluss gekommen ist, dass innerhalb einer Wirtschafts- und Währungsunion die geltenden Währungseinheiten möglicherweise fortbestehen könnten, er aber genauso fest davon überzeugt ist, dass zwischen den Gemeinschaftswährungen die vollständige und irreversible Konvertibilität ohne Kursschwankungen und zu unveränderlichen Paritätsverhältnissen gesichert sein muss. Besser wäre es allerdings, sie durch eine einzige Gemeinschaftswährung zu ersetzen. Darüber hinaus müssten insbesondere die Liquiditätsschöpfung sowie die Geld- und Kreditpolitik zentral gesteuert und die Eckwerte der öffentlichen Gesamthaushalte auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

83 Vgl. Handelingen Tweede Kamer, 1970-1971, 15. Oktober 1970, S. 371-373. Auf der Sitzung der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments spricht sich der niederländische Finanzminister Johannes Witteveen für den Werner-Bericht aus. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

84 Sitzung der Regierung vom 21. Oktober 1970. Der Werner-Bericht wird auch von einer Mehrheit im Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt.

85 Eindrapport Groep-Werner inzake Economische en Monetarie Unie, 21. Oktober 1970, Außenministerium, III. Abschnitt 913.100, Nr. 5466, Den Haag. Siehe auch den Artikel Naar een econonomische en monetaire unie von Gerard Brouwers, Vorsitzender des Ausschusses über die Koordinierung der Konjunkturpolitik und Mitglied der Werner-Gruppe, vom 28. Oktober 1970 in der Zeitschrift Economisch Statistische Berichten, in dem er die Grundsätze und Inhalte des von der Ad-hoc-Gruppe ausgearbeiteten Stufenplans für eine Wirtschafts- und Währungsunion der Gemeinschaft erläutert. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

86 Derartige Anmerkungen werden auch in den Debatten vom 21. Dezember 1970 laut, als der Ständige Finanzausschuss der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments und der Finanzminister im Rahmen des Beschlussverfahrens zum nationalen Haushalt über die Verwirklichung des Stufenplans für eine Wirtschafts- und Währungsunion der Gemeinschaft beraten. Kamerstuk Tweede Kamer 1970-1971 kamerstuknummer 10900 IX Bondernummer 10. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

87 Bei diesem Treffen wird Belgien von Finanzminister Jean-Charles Snoy et d’Oppuers und Baron Hubert Ansiaux, Präsident der Nationalbank (sowie Mitglied der Expertengruppe in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ausschusses der Präsidenten der Zentralbanken) vertreten, während für die Niederlande Finanzminister Johannes Hendrikus Witteveen und der Präsident der Nederlandse Bank, Jelle Zijlstra, zugegen sind. Aufgrund der belgisch-luxemburgischen Währungsunion wird das Großherzogtum durch die belgische Nationalbank vertreten. Zudem nimmt ein enger Mitarbeiter des luxemburgischen Finanzministers an der Versammlung teil. Es ist anzumerken, dass sich die Benelux-Gespräche ebenfalls mit den wesentlichen Ergebnissen einer vom Werner-Ausschuss in Auftrag gegebenen Studie zu den Folgen des Beitritts Großbritanniens für die wirtschaftspolitische Koordinierung, die Kapitalmärkte und die Fiskalpolitik befassen. Zu den behandelten Themen gehören außerdem die Verstärkung der währungspolitischen Solidarität, die Folgen der etwaigen Beteiligung des Vereinigten Königreichs an den Mechanismen der währungspolitischen Zusammenarbeit sowie die Auswirkungen, die das Pfund Sterling auf den Europäischen Reservefonds hat.

88 Gesprek met Belgen en Luxemburgers over monetary unie in der E.E.G. Den Haag: 7. April 1970, (Willem Drees Junior), Finanzminister, Netherlands National Archives, Kabinett des Premierministers, NA, 2.03.01 (Arch. AZ/KMP), Nr. 8864.

89 Bei der Sondierung des Familienarchivs Pierre Werner hat sich herausgestellt, dass Baron Hubert Ansiaux dem Expertenausschuss am 22. April 1970 einen Vermerk über Rechtliche und technische Aspekte einer Zusammenlegung der Sonderziehungsrechte vorgelegt hat, in dem er Verfahren zur Übertragung von SZR zwischen den Partnern der EG beschreibt. Zwei Tage später kommt er einer weiteren Bitte von Pierre Werner nach und lässt ihm einen fachlichen Vermerk zur Funktionsweise eines europäischen Devisenausgleichsfonds zukommen. Diese beiden Dokumente werden in der Sitzung vom 7. April 1970 erörtert.

90 Siehe Kapitel 2 „Einsetzung des Werner-Ausschusses und Verlauf seiner Arbeiten (März-Oktober 1970)“.

91 Schreiben des belgischen Premierministers, Gaston Eyskens, vom 15. Mai 1970 an den deutschen Bundeskanzler, Willy Brandt zur Tätigkeit des Werner-Ausschusses. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

92 Schreiben des belgischen Finanzministers, Baron Jean-Charles Snoy et d’Oppuers, vom 15. Mai 1970 an seinen niederländischen Amtskollegen Johannes Hendrikus Witteveen zur Tätigkeit des Werner-Ausschusses sowie insbesondere zum Europäischen Währungsausgleichsfonds. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048. In seinem Brief hebt Baron Snoy et d’Oppuers die Bedeutung eines Währungsausgleichsfonds hervor, der bereits innerhalb der ersten Stufe der Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion eingerichtet werden müsse. Um die Vorteile eines solchen Fonds herauszustellen, bedient er sich Argumenten, die im Lager der Ökonomisten auf offene Ohren stoßen müssen. Zu einer der wichtigsten Auswirkungen eines Fonds würde eine stärkere wirtschaftspolitische Konvergenz bei gleichzeitiger Harmonisierung der Strategien der Zentralbanken mit Blick auf die Devisenmärkte gehören. Fünf der sieben Mitglieder des Werner-Ausschusses schließen sich dieser These an. Trotz gewisser Vorbehalte spricht sich Professor Brouwers niemals klar dagegen aus. Lediglich das deutsche Mitglied bringt seine Ablehnung zum Ausdruck. Gewisse Befürchtungen, die er im Zusammenhang mit einer zu großen Komplexität des Mechanismus oder mit seinen Folgen für die Fluktuationsgrenzen der Sechs äußert, werden als lösbare technische Probleme betrachtet. Nach Auffassung des deutschen Mitglieds dürfen diese geringfügigen Hindernisse auf keinen Fall der Einrichtung des Organs im Weg stehen, mit dem die Währungsunabhängigkeit der Gemeinschaft bekräftigt wird. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

93 Siehe Abschnitt 1.3 „Wirtschafts- und währungspolitisches Umfeld Ende der 1960er Jahre“, 3.3 „Le Comité des gouverneurs des banques centrales et le rapport Werner“ und 3.4 „Ökonomisten gegen Monetaristen: Einvernehmen und Meinungsverschiedenheiten bei der Ausarbeitung des Werner-Berichts“.

94 Im Werner-Ausschuss sitzen die Belgier Hubert Ansiaux, Präsident der Belgischen Nationalbank und Präsident des Ausschusses der Zentralbankpräsidenten und sein Stellvertreter, Jacques Mertens de Wilmars. Der belgische Finanzminister Jean-Charles Snoy et d’Oppuers ist ebenfalls grundlegend an der Ausarbeitung des Stufenplans beteiligt, wie auch der belgisch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Robert Triffin, der maßgeblich zu den Überlegungen über die zentralen Fragen einer WWU beiträgt, und Jean Monnet, der in regelmäßigen Abständen bei den europäischen Regierungschefs in dieser Angelegenheit vorstellig wird. Die belgischen Vertreter haben einen grundlegenden Beitrag zu einem erfolgreichen Abschluss der Arbeiten in den Sondergremien wie dem Währungsausschuss und dem Ausschuss der Zentralbankpräsidenten sowie im Verlauf der Präsidentschaft der EG, die die Belgier im ersten Halbjahr 1970 innehatten, geleistet. Ferner ist die Rolle von Étienne Davignon im Zusammenhang mit der politischen Einigung Europas hervorzuheben. Gemäß dem am 27. Oktober 1970 in Luxemburg angenommenen Davignon-Bericht sollen Fortschritte im Bereich der politischen Einigung durch einen Ausbau der außenpolitischen Zusammenarbeit erzielt werden.

95 Die monetaristische Ausrichtung Belgiens lässt sich insbesondere mit der Bedeutung der Wechselkursstabilität für die Wirtschaft des Landes, mit der Überzeugung, dass Belgien ohne eine gemeinsame Währung niemals vor Abwertungen aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit geschützt wäre, wodurch der Binnenmarkt faktisch außer Kraft gesetzt würde, sowie mit der These begründen, nach der eine erzwungene Stabilität der Wechselkurse mit Vorteilen für die Haushalts- und Lohndisziplin verbunden wäre.

96 Das Ziel einer symmetrischen Wirtschafts- und Währungsunion ist bereits im europäischen Drei-Stufen-Plan zur Währungssolidarität (1971-1977) enthalten, der am 27. Januar 1970 veröffentlicht wurde. In diesem Plan, der besser unter dem Namen Snoy-Plan oder auch belgischer Plan bekannt ist, wird die Einrichtung von zwei Organen innerhalb der Endphase der WWU betont, nämlich eines gemeinsamen Währungssystems und einer Wirtschaftsregierung sui generis, die für Haushalts- und Einkommenspolitik zuständig zeichnet. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

97 Vgl. Politische Konsultationen mit dem Außenminister der Bundesrepublik Deutschland und dem Bundeskanzler am 14. Oktober 1970 in Bonn, Nr. PN/rh Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Außenhandel. Kabinett des Ministers für auswärtige Angelegenheiten. Brüssel: 16. Oktober 1970. Diplomatisches Archiv des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten Belgiens.

98 Ebenda, S. 9.

99 Ebenda.

100 „Die besonders von meinen Kollegen Snoy, Schiller und Möller gewünschte Tagung wurde zunächst vertagt, dann abgesagt, als Giscard d’Estaing, der meine Arbeiten sehr unterstützte, mich informierte, dass er nicht persönlich zugegen sein könne. In der Zwischenzeit hatte sich die Kommission mit dem Problem befasst. Man war der Meinung, dass die weitere Behandlung des Berichts von nun an auf der Ebene der offiziellen Beziehungen zwischen ihr und dem Ministerrat erfolgen solle.“ Siehe WERNER, Pierre. Itinéraires. T. II, S. 136.

101 Siehe Abschnitt 4.3 „Reaktionen des Rates“.

102 Bei einer Auswertung der Tagung des Ministerrates vom 24. November 1970 stellen die belgischen Diplomaten grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sechs fest. Einige Staaten wollen sich lediglich auf eine Vorstufe von drei Jahren verpflichten. Andere Staaten wollen die einzelnen Phasen sofort inhaltlich festlegen und insbesondere die erforderlichen institutionellen Reformen beschreiben. Letztere würden die Besonderheiten einer Wirtschafts- und Währungsunion definieren und unverzüglich über einen Termin für ihr Inkrafttreten entscheiden.

103 Siehe Approche belge au sujet de l’Union économique et monétaire, 24. November 1970. Arbeitsdokument des Außenministeriums. Diplomatische Archive des belgischen Außenministeriums, Brüssel, S. 4. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

104 Am 14. und 15. Dezember 1970 treffen sich die Außenminister und die Wirtschafts- und Finanzminister der sechs Mitgliedstaaten, unterstützt vor allem von den Vorsitzenden der für die Wirtschafts- und Währungspolitik zuständigen Fachausschüsse zur Ratstagung in Brüssel, um über die Einleitung der ersten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zu entscheiden. Am ersten Tag hat der deutsche Außenminister Walter Scheel den Vorsitz, am nächsten Tag Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller.

105 Siehe Abschnitt 1.2 „Die Entstehung des monetären Denkens von Pierre Werner in den 1960er Jahren“ und Unterabschnitt 1.3.3 „Die Pläne Belgiens, Deutschlands und Luxemburgs für den Bereich der Währungspolitik (Januar-Februar 1970)“.

106 Schreiben des Premierministers des Königreichs Belgien, Gaston Eyskens, vom 5. Januar 1971 an den luxemburgischen Premierminister, Pierre Werner. Ref. CZ/B1/D9. Brüssel: 5. Januar 1971. Familienarchiv Pierre Werner, Ref. PW 048. Es handelt sich offensichtlich um eine Antwort auf das Schreiben, das Pierre Werner am 29. Dezember 1970 an seine fünf Amtskollegen zur Zukunft der WWU gerichtet hatte. (Dokumente eingesehen am 10. Oktober 2012.)

107 Siehe MAES, Ivo (National Bank of Belgium) und VERDUN, Amy (University of Victoria). Small States and the Creation of EMU: Belgium and the Netherlands, Pace-setters and Gate-keepers. In Journal of Common Market Studies 2005, Ausgabe 43, Nummer 2, S. 327-348.

108 Die italienischen Mitglieder des Werner-Ausschusses sind Gaetano Stammati, Präsident des Ausschusses für Haushaltspolitik, und sein Vertreter, Simone Palumbo. Guido Carli, Präsident der italienischen Zentralbank, Finanzminister Emilio Colombo und Rinaldo Ossola, Vorsitzender der Zehnergruppe, leisten mit ihren Wortmeldungen einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Tätigkeit der Expertengruppe. Der Sekretär des Werner-Ausschusses, Ugo Mosca, gleichzeitig Generaldirektor für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Kommission, ist ebenfalls italienischer Staatsbürger. Siehe Kapitel 2 „Einsetzung des Werner-Ausschusses und Verlauf seiner Arbeiten (März-Oktober 1970)“.

109 Nach dem Gipfel von Den Haag (1.-2. Dezember 1969) hat die italienische Regierung eine etwas unklare Position zum Vorhaben einer stufenweisen Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion eingenommen. Im Verlauf der Tätigkeit des Werner-Ausschusses hat sie darauf bestanden, das Endziel klar zu definieren, ohne dabei die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Situation in den einzelnen Ländern zu vernachlässigen. In diesem Zusammenhang hat sie die Notwendigkeit hervorgehoben, die für Italien typischen regionalen und strukturellen Aspekte zu berücksichtigen und folglich einige der möglichen Folgen der Einrichtung einer WWU abzufedern. Sie hat sich für das Konzept einer „engen Parallelität“ von währungs- und wirtschaftspolitischer Zusammenarbeit ausgesprochen und abwechselnd dem einen oder dem anderen Grundsatz mehr Gewicht verliehen, „eher in Abhängigkeit vom jeweiligen Gesprächspartner und nicht aufgrund besonderer Anliegen, die sie zunächst dazu veranlasst haben, sich für eine Währungsunion einzusetzen“, wie aus einigen Dokumenten in den diplomatischen Archiven Frankreichs hervorgeht. In institutionellen Angelegenheiten hat sich Rom nach und nach der deutschen These angenähert, dass zunächst der Notwendigkeit einer Übertragung von Befugnissen von der nationalen auf die Gemeinschaftsebene und einer institutionellen Neuordnung Priorität eingeräumt wird, ohne – wie auch die Bundesregierung – auf diese Umstrukturierungen näher einzugehen. In diesem Zusammenhang haben die Italiener die Erfordernisse einer wirksamen Verwaltung in den Vordergrund gestellt und den politischen Folgen einer Wirtschafts- und Währungsunion als Angelpunkt eines politischen Europa nach dem Vorbild des föderalen Systems immer mehr Bedeutung eingeräumt. Siehe in diesem Zusammenhang Voyage à Paris de M. Colombo, Note diplomatique du 25 janvier 1971, Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Französischen Republik, Sammlung EG, Direktion Wirtschaft und Finanzen, Abteilung Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Reihe PM, Bd. 973, „WWU/Grundlegende Dokumente“, Dossier PM 19.3. La Courneuve: Archives diplomatiques françaises. Siehe auch Fragen zur stufenweisen Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft, Dok. R/2106/70 (Fin 427), R/2247/70 (Fin 2242/70), (ASS 1386). Europäische Gemeinschaften, Rat, note R/230/71 (Fin 48). Brüssel, 05.02.1971. Historische Archive des Rates der EG.

110 Dieser Grundsatz wird vom italienischen Finanzminister Emilio Colombo auf der Tagung der Finanzminister am 29. und 30. Mai 1970 in Rom formuliert und hat eine Vertiefung der Arbeiten der Werner-Gruppe zur Folge.

111 Gemeinsamer Vorschlag des Ministers Emilio Colombo und des Vorsitzenden der Nederlandse Bank, Jelle Zijlstra, vorgelegt am 30. Mai 1970 in Venedig.

112 Siehe MAES, Ivo und QUAGLIA, Lucia. The Process of European Monetary Integration: a Comparison of the Belgian and Italian Approaches. In National Bank of Belgium. Brüssel: documents de travail – série de la recherche n° 40, August 2003.

113 Siehe Abschnitt 4.2 „Reaktionen der Kommission“.

114 Vgl. Protokoll der 44. Sitzung des Ausschusses der Präsidenten der Zentralbanken. Basel, 8. November 1970, EZB. In dieser Angelegenheit ergreifen als Vertreter Italiens im Ausschuss der Zentralbankpräsidenten Paolo Baffi, stellvertretend für den Präsidenten der Banca d'Italia, Guido Carli, und Rinaldo Ossola das Wort. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

115 Siehe Sitzung der Zentralgouverneure der EWG in Basel am 8. November 1970. Telegramm von Otmar Emminger, Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, an den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Johannes B. Schöllhorn, Frankfurt am Main, 9. November 1970. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz.

116 Notiz zum Gespräch desselben Tages zwischen Minister Schiller und dem italienischen Botschafter Luciolli, Bonn, 24. Februar 1971. Service E.A. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/293320.

117 Auf der Tagung des Ministerrates am 14. und 15. Dezember 1970 spricht sich der italienische Finanzminister Mario Ferrari-Agradi für ein „eindeutiges politisches Engagement zugunsten einer Wirtschafts- und Währungsunion“ aus. „Die Gemeinschaft muss eigene Entscheidungsbefugnisse erhalten, und nur mit einem konkreten Endziel erhalten die Maßnahmen der ersten Stufe ihren Sinn“. Er fordert zudem „die Anpassung der Institutionen“ und führt weiter aus, dass man seiner Meinung nach „vom Einstimmigkeitsprinzip“ zu „immer verbindlicheren Konsultationen“ übergehen müsse. Der italienische Minister spricht sich gemeinsam mit seinem deutschen und niederländischen Kollegen für den Vorschlag der Kommission aus, bis zum 1. Mai 1973 Entwürfe für Maßnahmen vorzulegen, die schrittweise die vollständige Verwirklichung der Union zum Ergebnis haben, darunter Maßnahmen, deren Umsetzung nur auf der Grundlage von aus dem Vertrag erwachsenden Bestimmungen erfolgen kann, sowie Änderungsvorschläge zum Vertrag. Er befürwortet zudem die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle, die sich grundsätzlich an der von den nationalen Parlamenten ausgeübten Kontrolle orientiert. Mit Blick auf die Frist für die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion schließt er sich der französischen Formulierung an, dass die Gemeinschaft und die Regierungen alles „in ihrer Macht Stehende“ unternehmen, um die WWU innerhalb der nächsten zehn Jahre zu verwirklichen. Siehe Le résultat des délibérations de la nuit dernière. Agence Europe, Brüssel: bulletin quotidien n° 707 (nouvelle série), 15. Dezember 1970.

118 Fragen zur stufenweisen Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion in der Gemeinschaft. Dok. R/2106/70 (Fin 427), R/2247/70 (Fin 2242/70), (ASS 1386). Europäische Gemeinschaften, Rat, Notiz R/230/71 (Fin 48). Brüssel, 05.02.1971. Historische Archive des Rates der EG.

119 Die niederländische Regierung spricht sich in aller Deutlichkeit gegen diesen gemeinsam von den Franzosen und Deutschen ausgearbeiteten Kompromiss aus, der als „Fallbeil-Regelung“ bezeichnet und als wenig zufriedenstellend gewertet wird, doch sie stimmen „nicht nur in Ermangelung von Alternativen“ zu, sondern auch aufgrund der Feststellung, dass „die Entscheidungen nicht endlos hinausgeschoben werden können“. Vgl. Nachricht von J.M.A.H. Luns an den Außenminister der Niederlande, 12. Februar 1971, NA, 02.05.313, Buitenlandse Zaken: blok 3, 1965-1974, Nationaal Archief, Repaire Haag, Nr. 19482. Der Begriff „Fallbeil-Regelung“ (auch bekannt als „Vorbehaltsklausel“ oder „Verfallsklausel“), der von Karl Schiller geprägt wurde, beinhaltet, dass währungspolitische Maßnahmen der ersten Stufe (Verkleinerung der Bandbreiten der Wechselkurse, gegenseitiger Währungsbeistand und Einrichtung eines europäischen Fonds für Währungszusammenarbeit) eingestellt werden, wenn innerhalb von fünf Jahren keine Einigung über den Übergang in die zweite Stufe erzielt werden kann. Die historischen Umstände haben dazu geführt, dass diese heiß diskutierte Klausel, insbesondere aufgrund der 1971 einsetzenden internationalen Währungsturbulenzen, niemals zur Anwendung gekommen ist.

120 Mit dieser vom Rat und den Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten am 22. März 1971 angenommenen Entschließung wird die erste Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion offiziell eingeleitet. In der Präambel bekunden die sechs Mitgliedstaaten ihren Willen, die Gemeinschaft durch Verwirklichung eines Stufenplans zu einer Wirtschafts- und Währungsunion zu entwickeln, und nehmen damit paradoxerweise Bezug auf den Zwischenbericht und nicht auf den abschließenden Bericht des Werner-Ausschusses, der in Grundzügen den Inhalt der ersten Stufe der WWU darlegt und die Konturen und Schwerpunkte einer solchen Union skizziert, die innerhalb von zehn Jahren Gestalt annehmen soll. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

121 Siehe auch den Artikel „Die Einigung von Brüssel in Die Welt (11. Februar 1971). Unabhängige Tageszeitung für Deutschland. Hamburg: Die Welt, 11.02.1971, Nr. 35. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

122 Erklärung von Karl Schiller über die Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion. Bonn, 10. Februar 1971. In Die Europäische Gemeinschaft: Von der Haager Gipfelkonferenz bis zum Europa der Zehn. Bonn, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

123 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Deutschland auf Initiative von Karl Schiller für eine starke Koordinierung der nationalen Haushaltspolitiken in Europa eintritt und damit der Schaffung eines politischen Gremiums neben der künftigen Zentralbank vorgreift. Frankreich spricht sich dagegen aus, weil es nicht zu einer konkreten Vergemeinschaftung und einer wirtschafts- und währungspolitischen Harmonisierung bereit ist. Es wird beschlossen, die Entscheidung zu vertagen, und die Debatte wird beendet.

124 Aus dem Familienarchiv von Pierre Werner geht hervor, dass auf Initiative des Vorsitzenden des Ausschusses der Präsidenten der Zentralbanken, Baron Ansiaux, und mit Unterstützung des Vorsitzenden Pierre Werner und grundlegender Befürwortung durch die Benelux-Staaten ausführliche Analysen zu einer Verstärkung der währungspolitischen Solidarität und den Folgen einer möglichen Beteiligung des Vereinigten Königreichs an den Mechanismen der währungspolitischen Zusammenarbeit durchgeführt worden sind. Dies gilt auch für die Auswirkungen, die das Pfund Sterling auf den Europäischen Reservefonds hat. Siehe Kapitel 2 „Einsetzung des Werner-Ausschusses und Verlauf seiner Arbeiten (März-Oktober 1970)“ sowie Abschnitt 4.2 „Reaktionen des Europäischen Parlaments“. In angelsächsischen Kreisen, insbesondere an Universitäten, in Think Tanks und Banken, werden der Fortgang der Arbeiten des Werner-Ausschusses und die Debatten zum Stufenplan übrigens aufmerksam verfolgt.

125 Der Beitritt des Vereinigten Königreichs fällt nicht in den Untersuchungsrahmen des digitalen Datensatzes, der als Grundlage für die Recherchen zum Werner-Bericht dient.

126 In dem am 20. Mai 1970 vorgelegten Zwischenbericht von Pierre Werner werden die innerhalb von zehn Jahren zu erreichenden strategischen Zielsetzungen für eine Wirtschafts- und Währungsunion dargelegt. Im Idealfall soll dieser Prozess mit der Einführung einer gemeinsamen Währung endgültig abgeschlossen werden. Es sei darauf verwiesen, dass sich die Ad-hoc-Gruppe angesichts des bevorstehenden Beitritts des Vereinigten Königreichs im gesamten Verlauf ihrer Debatten mit diesem Thema befasst hat. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

127 Sir Edward Richard George Heath (1916–2005), britischer Politiker und Mitglied und Vorsitzender der Konservativen Partei (1965-1975). Von 1970 bis 1974 Premierminister des Vereinigten Königreichs, das während seiner Amtszeit der EWG beigetreten ist (Beitritt am 1. Januar 1973).

128 Siehe Rede des britischen Premierministers, Edward Heath vor dem britischen Unterhaus am 21. Juli 1971, in der er auf den Fortgang und die Probleme der in Brüssel laufenden Verhandlungen über den Beitritt des Landes zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eingeht. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

129 Roy Jenkins (1920-2003), führendes Mitglied der Labour-Partei, zwischen November 1967 und Juni 1970 Schatzkanzler der Regierung von Harold Wilson. Der Anhänger des europäischen Einigungswerks wird später Präsident der Europäischen Kommission (1977-1981).

130 Der britische Beitrag zur Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion ist einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte bei den Gesprächen in London, die Valéry Giscard d’Estaing (24. November 1970) und Karl Schiller (25. November 1970) mit dem britischen Minister Roy Jenkins führen. Vgl. Deutsches diplomatisches Fernschreiben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in London, Nr. 886747b bmwi d, Bonn Nr. 4239 vom 27.11.1970. Kopie zur Verfügung gestellt vom Bundesarchiv Koblenz. BArch B 102 (Bundesministerium für Wirtschaft)/264601.

131 Vgl. Interview mit Henri Werner, Sohn von Pierre Werner, am 1. Juni 2010 im CVCE aufgezeichnet und Familienarchiv Pierre Werner. (Interview angehört am 10. Oktober 2012).

132 Das Memorandum über die Koordinierung der Wirtschaftspolitik und die Zusammenarbeit in Währungsfragen innerhalb der Gemeinschaft, von der EG-Kommission ausgearbeitetes Dokument, besser bekannt unter der Bezeichnung erstes „Barre-Memorandum“ oder erster „Barre-Plan“, wird am 12. Februar 1969 veröffentlicht. Die darin enthaltenen Vorschläge zielen auf die Koordinierung der Wirtschaftspolitik und auf die Zusammenarbeit in Währungsfragen innerhalb der Gemeinschaft ab. (Dokument eingesehen am 10. Oktober 2012.)

133 Erklärung von Edward Heath zur Handels- und Währungspolitik der EWG. Mitteilung des französischen Botschafters im Vereinigten Königreich an seine Exzellenz, Herrn Maurice Schuman, Außenminister, Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Französischen Republik. London, 30. März 1972. Sammlung EG, Direktion Wirtschaft und Finanzen, Abteilung Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Reihe PM, Bd. 972, „WWU/Bilaterale Beziehungen/Vereinigtes Königreich“, Dossier PM 19.3. La Courneuve: Archives diplomatiques françaises.

134 Im Werner-Bericht sind ein dem europäischen Parlament gegenüber verantwortliches wirtschaftspolitisches Entscheidungsgremium und ein für währungspolitische Entscheidungen (Liquidität, Zinssätze, Wechselkurse usw.) zuständiges Zentralbanksystem nach dem Vorbild des US-amerikanischen Federal Reserve System vorgesehen.

135 Siehe Abschnitt 2.2 „Verlauf der Arbeiten des Werner-Ausschusses“.

136 Siehe GRYGOWSKI, Dimitri. Les États-Unis et l’unification monétaire européenne. Bruxelles: Éditions PIE Peter Lang, 2009, S. 215-131. Siehe auch Kapitel 5 „Die Umsetzung des Werner-Berichts“

137 Ebenda, S. 120.

138 Vgl. Artikel „Common Market agrees on Monetary Union designed to give Europe a single currency“. In Wall Street Journal, 6. Juni 1971.

139 „Europe’s defense against America’s deficit“. In Wall Street Journal, 29. Juli 1971.

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