Vorwort

Das Spezialdossier „Von den Ursprüngen des Schuman-Plans bis zum EGKS-Vertrag“, das zum 60. Jahrestag der Erklärung von Robert Schuman am 9. Mai 1950 zusammengestellt wurde, beschreibt die Ursprünge und die Wirkung der Rede des französischen Außenministers. In seiner Erklärung schlug Robert Schuman die Zusammenlegung der Kohle- und Stahlressourcen Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland (BRD) in einer Organisation vor, die auch anderen Ländern offen stehen sollte. Durch diese beinahe revolutionäre Erklärung löste Robert Schuman eine Schockwelle aus, die den europäischen Einigungsprozess ins Rollen brachte.

Mehr als 1 000 multimediale Dokumente beschreiben die Ursprünge und die Hintergründe dieses entscheidenden Ereignisses in der Geschichte des europäischen Aufbauwerks, das schließlich am 18. April 1951 zur Unterzeichnung des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) durch die Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Belgiens, Luxemburgs, Frankreichs, Italiens und der Niederlande führte.

Das Dossier zeichnet sich aus durch die systematische Auswahl zahlreicher Dokumente aus den Historischen Archiven der Europäischen Union in Florenz, dem luxemburgischen Nationalarchiv, dem Bundesarchiv der Bundesrepublik Deutschland in Berlin und schließlich den Unterlagen und Bildarchiven Robert Schumans, die sich in den Archives départementales in Metz und im Robert-Schuman-Haus in Scy-Chazelles befinden. Zudem helfen die Papiere von Jean Monnet, die in der Jean-Monnet-Stiftung in Lausanne aufbewahrt werden, die Ursprünge des Schuman-Plans und die Rolle Jean Monnets bei der Ausarbeitung der Erklärung vom 9. Mai 1950 besser zu verstehen.

Die Suche nach Primärquellen wurde in weiteren Beständen wie dem Nationalarchiv in Kew (London) fortgesetzt. Dieses Archivmaterial illustriert die anfängliche Zurückhaltung und die spätere Ablehnung der britischen Regierung gegenüber einer möglichen Teilnahme des Vereinigten Königreichs am Schuman-Plan.

Das Spezialdossier enthält zudem eine breit gefächerte Dokumentation aus Zeitungsartikeln, Auszügen aus Erinnerungen, Fotos, Karikaturen etc. Originalton- und -videomitschnitte zeugen von der historischen Bedeutung des Vorschlags Robert Schumans und illustrieren die verschiedenen Etappen auf dem Weg zur Gründung der EGKS. Diese Dokumente werden begleitet von einleitenden Texten, die die behandelten Themen vorstellen, sowie einer vertiefenden Auswahlbibliographie.

Interviews mit Zeitzeugen, die vom CVCE geführt wurden, sind eine weitere Ergänzung der audiovisuellen Dokumentation des Dossiers und ein Beitrag zum Projekt der „Oral history“ des CVCE bei:

- Paul Collowald, zunächst Journalist bei der Tageszeitung Le Monde und später Direktor der Generaldirektion Information bei der Europäischen Kommission

- Georges Berthoin, ehemaliger Kabinettchef von Jean Monnet in dessen Zeit als Präsident der Hohen Behörde der EGKS und später Vertreter der Europäischen Kommission beim Vereinigten Königreich

- Hubert Ehring, ehemaliger Rechtsberater für die Montanunion im Bundeswirtschaftsministerium der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und anschließend Direktor des Rechtsdienstes des Sekretariats des Besonderen Ministerrates der EGKS

- Erzherzog Otto von Habsburg, ehemaliger Präsident der Paneuropa-Union und ehemaliger Abgeordneter im Europäischen Parlament

- Max Kohnstamm, ehemaliger Beamter im niederländischen Außenministerium und ehemaliger Sekretär der Hohen Behörde der EGKS

- Jacques-René Rabier, ehemaliger Kabinettdirektor von Jean Monnet in dessen Zeit als Präsident der Hohen Behörde der EGKS und ehemaliger Generaldirektor des Presse- und Informationsdienstes der Europäischen Gemeinschaften

- Henri Rieben, Gründer und Direktor des Centre de recherches européenes in Lausanne und ehemaliger Präsident der Jean-Monnet-Stiftung für Europa in Lausanne

- Leo Tindemans, ehemaliger belgischer Premierminister und Außenminister

Während wir uns also darauf vorbereiten, den 9. Mai 2010 als sechzigsten Jahrestag der Schuman-Erklärung zu feiern, können wir dank dieses Dossiers das europäische Wirken des in Luxemburg geborenen Robert Schumans nachvollziehen, der heute aufgrund seiner Taten als einer der „Gründerväter Europas“ gilt.

Koordinierung des Spezialdossiers durch Marco Gabellini und Etienne Deschamps, Historiker am CVCE mit Forschungsschwerpunkt Neuere Geschichte.