Power of decision in Community affairs
Die Entscheidungsbefugnis des Rates im Gemeinschaftsbereich
Der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) von 1951 – ausgelaufen am 23. Juli 2002 – übertrug dem Rat eine beratende Funktion. Der Rat gab Stellungnahmen ab, in manchen Fällen war seine Zustimmung erforderlich, jedoch war er selten dazu befugt, Beschlüsse zu fassen. Bei Anhörung des Rates durch die Hohe Behörde – und später durch die Kommission – beriet der Rat, ohne notwendigerweise eine Abstimmung vorzunehmen. In einigen Fällen verlangte der EGKS-Vertrag eine einstimmige Zustimmung (Art. 28 des EGKS-Vertrags).
Die Römischen Verträge von 1957 übertrugen dem Rat die Entscheidungsbefugnis und machten ihn so zu einem zentralen Organ der Gemeinschaften (Artikel 145 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Artikel 115 zur Gründung der Europäischen Atomenergiegemeinschaft). Der Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission und gegebenenfalls nach Anhörung des Europäischen Parlaments stellt in den Verträgen die Regel für die Annahme von der meisten Rechtsakte in den Bereichen der Gemeinschaft dar.
Ursprünglich verfügte der Rat in allen Tätigkeitsbereichen der Gemeinschaften über die ausschließliche Entscheidungsbefugnis. Die verschiedenen Reformen der Gemeinschaftsverträge verändern jedoch den Entscheidungsprozess und machen so das Europäische Parlament zum gleichberechtigten Mitgesetzgeber des Rates werden. Das Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte 1986 und die damit begründete Einführung des Verfahrens der Zusammenarbeit und insbesondere das im Vertrag über die Europäische Union (1992) vorgesehene Mitentscheidungsverfahren stellen wichtige Etappen in dieser Entwicklung dar. Der Vertrag von Nizza von 2001 weitet das Anwendungsfeld des Mitentscheidungsverfahrens auf die meisten legislativen Maßnahmen aus, welche eine Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit erfordern.
Die auf dem institutionellen Gleichgewicht der drei wichtigsten Institutionen beruhende „Gemeinschaftsmethode“ der Beschlussfassung, welche dem ersten Pfeiler der Europäischen Union eigen ist, zeichnet sich letztendlich durch die allgemeine Anwendung der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Rat, der aktiven Teilnahme des Parlaments am Verfahren und dem Initiativrecht der Kommission aus.
Im Gemeinschaftsbereich erlässt der Rat, auf Initiative der Kommission, alleine oder gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, die folgenden Rechtsakte (Artikel 249 EG-Vertrag):
— die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich, hat eine allgemeine Reichweite und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
— die Richtlinie ist für jeden Mitgliedsstaat, an den sie sich richtet, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.
— die Entscheidung sie ist in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, die sie bezeichnet.
— die Empfehlung und die Stellungnahme ist nicht verbindlich, können aber beachtlichen politischen Einfluss haben.