Council of the European Union
Der Rat der Europäischen Union
Der Rat der Europäischen Union - so die offizielle Bezeichnung seit dem Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Union (EU) im Jahr 1992 – ist das Organ, das die Mitgliedstaaten im Rahmen der EU vertritt. Der aus Regierungsvertretern auf Ministerebene bestehende Rat ist das wichtigste Beratungs- und Entscheidungsgremium der Union. Als Bestandteil des „Entscheidungsdreiecks“ aus Kommission, Parlament und Rat erstreckt sich sein Wirken auf die in den Gründungsverträgen der Europäischen Gemeinschaften vorgesehenen Bereiche der gemeinsamen Politiken. Ausschlaggebend ist seine Tätigkeit in den beiden vom EU-Vertrag eingeführten Bereichen der Regierungszusammenarbeit – der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (JI) –, in denen das Europäische Parlament und die Kommission nur eine nebengeordnete Rolle spielen.
Der traditionell von der Vertraulichkeit seiner Beratungen sowie von der überwiegenden Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips geprägte Rat wird oft als Organ mit Regierungscharakter oder gar als eine diplomatische Konferenz angesehen, wo staatliche Vertreter ihre nationalen Interessen geltend machen und nach Kompromissen suchen. Er ist jedoch ein Organ, dessen Organisations- und Arbeitsweise von Gemeinschaftsvorschriften und -verfahren bestimmt sind und das in Wechselwirkung mit den anderen Institutionen und Organen der Union eine eigene Entscheidungsbefugnis besitzt. Insbesondere hat er die Aufgabe, allein oder zusammen mit dem Europäischen Parlament das von der Kommission herausgearbeitete allgemeine Interesse der Gemeinschaft in für alle Mitgliedstaaten bindende Rechtsnormen umzusetzen. Seine Rolle und seine Funktionsweise haben sich zudem mit den Reformen der Gründungsverträge hin zu mehr Verantwortung, Effizienz und Transparenz entwickelt. Beispiele dafür sind die mit dem Europäischen Parlament geteilte Wahrnehmung der Gesetzgebungs- und der Haushaltsbefugnis, die Ausweitung der Bereiche, in denen Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden, die wachsende Bedeutung seiner Koordinierungsfunktion in den Bereichen der Regierungszusammenarbeit, die Öffentlichkeit seiner Beratungen und seiner Abstimmungen über Gesetzgebungsakte oder auch die Festlegung einer Politik des Zugangs der Öffentlichkeit zu den Ratsdokumenten.
Die Idee der Schaffung eines Ministerrates kommt 1950 während der Verhandlungen über den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) auf. Bestimmten Ländern, insbesondere den kleinsten, liegt sehr daran, ein Gremium der Regierungszusammenarbeit als Gegengewicht zur Hohen Behörde, der supranationalen Entscheidungsinstanz, zu schaffen.
Das Prinzip des Ministerrates ist das Ergebnis eines Kompromisses. Die Fragen, die sich allein auf Kohle und Stahl beziehen, bleiben in der ausschließlichen Kompetenz der Hohen Behörde. Die mit anderen Bereichen im Zusammenhang stehenden Fragen können nur mit Zustimmung des Rates entschieden werden. Der Rat spielt somit sowohl eine Rolle als Kontrollinstanz wie auch als Bindeglied zwischen dem gemeinsamen Markt und den nationalen Volkswirtschaften. Der Besondere Ministerrat – so die Bezeichnung im EGKS-Vertrag – stellt die Nahtstelle zwischen der supranationalen Ebene der EGKS und den Volkswirtschaften der einzelnen Mitgliedstaaten dar.
Der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Rat der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG oder Euratom) werden durch die Römischen Verträge von 1957 eingerichtet. Die Räte der drei Gemeinschaften bestehen als solche bis zur Fusion der Exekutivorgane aufgrund des Vertrages über die Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, der am 8. April 1965 unterzeichnet wird und am 1. Juli 1967 in Kraft tritt. An die Stelle des Rates der EWG und des Rates der EAG sowie des Besonderen Ministerrates der EGKS tritt somit der Rat der Europäischen Gemeinschaften, wobei die Kompetenzabgrenzung unverändert erhalten bleibt.
Die Stellung des Rates wird durch den Maastrichter Vertrag von 1992 verstärkt. Der Rat der Europäischen Gemeinschaften wird im Jahre 1993 zum Rat der Europäischen Union. Er besitzt insbesondere Entscheidungs- und Koordinierungsbefugnisse im Rahmen der drei Säulen der Union: der Gemeinschaftssäule sowie den beiden Säulen der Regierungszusammenarbeit.