„Atlantisches Bündnis“. Am 30. Mai 1989 verdeutlicht der französische Karikaturist Plantu vor dem Hintergrund der sich im Ostblock abzeichnenden politischen und wirtschaftlichen Veränderungen die Unzufriedenheit der westlichen Partner der Bundesrepublik Deutschland mit den Annäherungsversuchen von Bundeskanzler Helmut Kohl gegenüber dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Gorbatschow (rechts). US-Präsident Bush, die britische Premierministerin Margaret Thatcher und der französische Staatspräsident Mitterrand haben Sorge, die Bundesrepublik Deutschland könne sich vom Atlantischen Bündnis abwenden, um so ihre Beziehungen zu Moskau mit Blick auf etwaige künftige Verhandlungen über eine mögliche Wiedervereinigung Deutschlands zu verbessern. Die Analogie zu dem Bild von François Mitterrand und Helmut Kohl, die einander bei der Gedenkfeier im Jahr 1984 für die Schlacht von Verdun die Hände reichen, versinnbildlicht den Wunsch des Bundeskanzlers, den sowjetischen Partner am deutsch-französischen Duo teilhaben zu lassen.
„Machen Sie sich keine Sorgen, alles wird so bleiben, wie es war!...“ Am 14. Oktober 1989 illustriert der Karikaturist Pancho die Befürchtungen des französischen Staatspräsidenten Mitterrand angesichts einer möglichen Wiedervereinigung Deutschlands und der Rückkehr zu einer deutschen Vorherrschaft in Europa. Trotz der guten Beziehungen zwischen Paris und Bonn scheint Präsident Mitterrand (links) von den Worten von Bundeskanzler Kohl, der seine Hand hält und überlebensgroß wie ein Riese dargestellt ist, nicht überzeugt zu sein. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 fällt die Berliner Mauer vor den Augen der Weltöffentlichkeit, und ein Jahr später, am 3. Oktober 1990, feiert Deutschland seine Wiedervereinigung.
„Nationalhymne – 10-Punkte-Programm“. Im Jahr 1989 treibt der deutsche Karikaturist Walter Hanel seinen Spott mit der Angst der Staatsoberhäupter der vier „Großmächte“ (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich und Sowjetunion) angesichts des Zehn-Punkte-Programms von Bundeskanzler Helmut Kohl zur Wiedervereinigung Deutschlands. Von links nach rechts: US-Präsident Georges Bush, die britische Premierministerin Margaret Thatcher, der französische Staatspräsident François Mitterrand und der Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Gorbatschow. An der Handkurbel des Leierkastens dreht der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl, der von seinem Außenminister Hans-Dietrich Genscher begleitet wird.
Während einer Pressekonferenz des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands – SED, verkündet Günter Schabowski, der Sekretär für Informationswesen im Zentralkomitee der SED, dass Privatreisen von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ins Ausland ohne Voraussetzungen und unverzüglich unternommen werden können. Diese, zur großen Überraschung aller, abgegebene Erklärung, die auch vorsieht, dass Ausreisen aus der DDR über alle Grenzübergangsstellen zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) beispielsweise zu West-Berlin erfolgen können, führt in der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 zum Fall der Berliner Mauer.
„Ich versichere Ihnen, Sie brauchen keine Angst zu haben …“ Am 16. November 1989 und damit eine Woche nach dem Fall der Berliner Mauer illustriert der französische Karikaturist Pierre Wiazemsky, alias „WIAZ“, die Angst der europäischen Partner Deutschlands vor der möglichen Rückkehr eines wiedervereinten Deutschlands auf die internationale Bühne. Von links nach rechts: Auf die britische Premierministerin Margaret Thatcher und den französischen Staatspräsidenten scheinen die Worte von Bundeskanzler Helmut Kohl wenig beruhigend zu wirken, dessen unverhältnismäßige Größe das Wiederaufflammen deutscher Hegemoniebestrebungen in Europa fürchten lässt.
Am 18. November 1989 und damit mehr als eine Woche nach dem Fall der Berliner Mauer macht sich der deutsche Karikaturist Dithard von Rabenau über die Annäherung zwischen der DDR (Egon Krenz, Generalsekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei) und der Bundesrepublik (Helmut Kohl, Bundeskanzler) lustig. Die Wiedervereinigung ist keine rein innerdeutsche Angelegenheit. Der Status Deutschlands und der Berlins kann nur mit dem Einverständnis der vier Siegermächte von 1945 geändert werden. Diese haben allerdings Sorge, dass in der Mitte Europas ein Staat mit 80 Millionen Einwohnern entsteht, dessen politische, wirtschaftliche und finanzpolitische Bedeutung das Gleichgewicht gefährden und die Stabilität bedrohen könnte, zu der die Teilung Deutschlands beigetragen hat. In der Karikatur werden die Staatschefs der vier Großmächte, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, US-Präsident George Bush, die britische Premierministerin Margaret Thatcher und der französische Staatspräsident François Mitterrand von der schnellen Abfolge der Ereignisse und der neuen Emanzipation der beiden deutschen Staaten ein wenig überrumpelt.
Am 17. November 1989, nach dem Fall der Berliner Mauer, veranschaulicht der deutsche Karikaturist Peter Leger die Sorgen Frankreichs mit Blick auf die deutsche Wiedervereinigung. So ordnet Präsident Mitterrand (mit Jakobinermütze) die deutsche Einheit dem europäischen Einigungsprozess und der Stärkung der Institutionen der Gemeinschaft unter. Er verlangt insbesondere Garantien von Bundeskanzler Kohl (mit der Schlafmütze des kleinen Michel), weil er ein in die Europäische Gemeinschaft eingebundenes wiedervereintes Deutschland mit demokratischen Institutionen anstrebt. Bundeskanzler Kohl bekräftigt angesichts dieser Bedenken, dass die Wiedervereinigung Deutschlands und die europäische Einigung zwei Seiten ein und derselben Medaille seien.
„Der Onkel spricht Klartext. „Zuerst kommt die Wirtschaft des Westens und dann die des Ostens!“ ,Ja, ja zuerst nach Paris!‘“ Am 22. November 1989 wirft der französische Karikaturist Ferdinand Guiraud einen ironischen Blick auf die Angst des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand (links) vor dem wirtschaftlichen Gewicht eines wiedervereinten deutschen Staates und dem Wiedererstarken des Pangermanismus. Um die Sorgen in Paris zu unterstreichen, trägt Bundeskanzler Helmut Kohl (rechts) die für die preußisch-deutsche Armee typische Militäruniform mit Pickelhaube.
Am 8. Dezember 1989 veranschaulicht der Karikaturist Pancho die Befürchtungen von Staatspräsident François Mitterrand mit Blick auf ein wiedervereinigtes Deutschland in Europa und macht sich über die Annäherung zwischen Frankreich und der Sowjetunion lustig. Der französische Staatspräsident war zwei Tage zuvor, am 6. Dezember, nach Kiew gereist, um dort mit dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow über die Frage der deutschen Wiedervereinigung zu beraten. Bei diesem Treffen erörtern die beiden Staatsmänner ihre Sorgen im Zusammenhang mit dem Prozess der deutschen Wiedervereinigung. Auf dem Bild: François Mitterrand (in der Mitte) hält die Hand von Michail Gorbatschow (links). Bundeskanzler Helmut Kohl (rechts) zeigt sich erstaunt über das Gebaren der Franzosen.
„Helmut! Können wir anfangen?‘ ,Ich komme gleich, ich komme gleich!‘“ Am 9. Dezember 1989 spottet der französische Karikaturist Plantu über das Kräftemessen zwischen dem französischen Staatspräsidenten François Mitterrand und dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl (rechts), der offenbar mehr mit der Wiedervereinigung Deutschlands als mit dem Vorantreiben der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beschäftigt ist.
„Alles in Ordnung ... Auftrag ausgeführt!‘ - ,Ich hoffe, das hält!!‘“ Am 14. Dezember 1989 witzelt der französische Karikaturist Tignous (Bernard Verlhac) über die Befürchtungen des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand, ein demnächst wiedervereintes Deutschland könnte sich vom Prozess der europäischen Integration abkehren und sich politisch stärker der Sowjetunion und Osteuropa zuwenden. Mitterrand duldet zwar den deutschen Wiedervereinigungsprozess, ordnet ihn aber der europäischen Einigung und dem Ausbau der Institutionen der Gemeinschaft unter. Während der Europäischen Ratstagung in Straßburg im Dezember 1989 beschreibt Tignous die Versuche Frankreichs, die Wiedervereinigung in das europäische Aufbauwerk zu integrieren. Der stattliche deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl, der im Verhältnis zu seinen europäischen Partnern noch größer dargestellt ist, ist an eine Gefangenenkugel in den Farben der Europäischen Gemeinschaft gekettet, von der man hofft, dass sie ihn hält.
Am 21. Dezember 1989 illustriert der Karikaturist Pancho die Bedenken des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand (links) im Zusammenhang mit der deutschen Einheit. Paris hat Sorge, dass die DDR von der Bundesrepublik ohne langes Federlesen übernommen wird und in der Mitte Europas ein Staat mit 80 Millionen Einwohnern entsteht, dessen politische, wirtschaftliche und finanzpolitische Bedeutung das seit mehr als 40 Jahren bestehende Gleichgewicht gefährden könnte. Auf der Europaflagge, die Bundeskanzler Helmut Kohl in der Hand hält, ist einer der Sterne größer als die anderen dargestellt und steht für das neue wiedervereinigte Deutschland und die Veränderung des Kräfteverhältnisses innerhalb der Europäischen Gemeinschaften. Die beiden Staatsmänner grüßen sich zwar, dennoch sind die Beziehungen des deutsch-französischen Paars angesichts der Frage der deutschen Wiedervereinigung angespannt.
Am 15. Februar 1990 illustriert der deutsche Karikaturist Walter Hanel die zahlreichen Hindernisse auf dem Weg der Wiedervereinigung Deutschlands. Bundeskanzler Helmut Kohl (der oben auf der Skipiste steht) muss gleichzeitig die Bedenken der vier Großmächte (Sowjetunion, USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich) ausräumen und die Sorgen der benachbarten und befreundeten Länder (Polen und Israel) zerstreuen. So bekräftigt der Bundeskanzler, dass sich die Wiedervereinigung Deutschlands im Rahmen des gemeinschaftlichen Europas und in enger Absprache mit den Verbündeten vollziehen werde, und das wiedervereinte Deutschland bleibe auch Mitglied der NATO.
„Die Wiedervereinigung? Die ist längst geritzt!“ Am Vortag des Staatsbesuchs von Bundeskanzler Helmut Kohl im Élysée-Palast am 16. Februar 1990 spottet der französische Karikaturist Alain Tredez über die Vorbehalte, die Präsident François Mitterrand angesichts der Tatsache hegt, dass er von Bundeskanzler Kohl in der Frage der deutschen Wiedervereinigung und der Übernahme der Deutschen Demokratischen Republik durch Westdeutschland ohne langes Federlesen vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Für Bundeskanzler Kohl ist das Schicksal der DDR bereits besiegelt.
Am 19. Februar 1990 illustriert der österreichische Karikaturist Ironimus (Gustav Peichl), wie Bundeskanzler Helmut Kohl die Bedenken der vier Großmächte (Sowjetunion, USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich) zu zerstreuen gedenkt, nämlich indem er versichert, dass die deutsche und die europäische Einheit untrennbar zusammengehören und die Wiedervereinigung keine rein innerdeutsche Angelegenheit ist. Bundeskanzler Kohl spielt eine wichtige internationale Rolle dabei, das Einverständnis der ehemaligen Alliierten Mächte im Zweiten Weltkrieg zu erwirken und die Bedenken der Nachbarländer zu zerstreuen.
„Kohl-Tonton: wir werden nicht zusammen alt... es sei denn, wir bleiben wegen der Kinder zusammen!“ Am 21. Februar 1990 macht sich der französische Karikaturist Cabu über das neue Kräfteverhältnis innerhalb des deutsch-französischen Zweiergespanns Kohl-Mitterrand lustig. Der Unterschied zwischen dem aktuellen Bild und der berühmten Szene, die die beiden Staatsmänner 1984 Hand in Hand in Verdun zeigt, macht den Wandel in den deutsch-französischen Beziehungen deutlich. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht mehr der politische Zwerg der Vergangenheit. Seit dem Fall der Berliner Mauer setzt sich Bundeskanzler Helmut Kohl unermüdlich für die deutsche Wiedervereinigung ein, was beim französischen Partner, der eine politische und wirtschaftliche Vormachtstellung der Deutschen fürchtet, Ängste hervorruft.
Am 24. März 1990 witzelt der französische Karikaturist Tim (Louis Mitelberg) mitten im Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands über das Comeback Deutschlands auf der internationalen Bühne. Bundeskanzler Helmut Kohl ist 1990 der Ansicht: „Deutschland hat den Krieg verloren, aber den Frieden gewonnen“. Der französische Karikaturist zieht eine Parallele zu dem berühmten Appell, den General de Gaulle im August 1940 - während des Zweiten Weltkriegs - an Londons Mauern anschlagen ließ: „Frankreich hat eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg“.
Am 26. April 1990 legen der französische Staatspräsident François Mitterrand (rechts) und der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl im Rahmen der 55. Deutsch-Französischen Konsultationen im Élysée-Palast ihre Standpunkte zur politischen Union Europas dar und bekräftigen das Eintreten ihrer Länder für diese Sache. Bei den Gesprächen geht es auch um die wirtschafts- und währungspolitischen Auswirkungen der bevorstehenden Wiedervereinigung Deutschlands.
Am 28. April 1990 beschließen die Staats- und Regierungschefs der Zwölf auf der Sondertagung des Europäischen Rates in Dublin die Eingliederung des wiedervereinigten Deutschlands in die Europäische Gemeinschaft.
„Union-EG“. Am 30. April 1990 veranschaulicht der österreichische Karikaturist Ironimus (Gustav Peichl) im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung die Haltung des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand, der Bundeskanzler Helmut Kohl die zentrale Rolle der deutsch-französischen Achse innerhalb des europäischen Einigungsprozesses in Erinnerung ruft. Paris befürchtet, das neue wiedervereinigte Deutschland könne sich von Europa und Frankreich abwenden, um seine Beziehungen zu Osteuropa und Moskau auszubauen. Aus Sicht François Mitterrands muss der Impuls für eine politische Union Europas von der deutsch-französischen Partnerschaft ausgehen. Auf dem Bild sind die Beine des französischen Staatspräsidenten und des Bundeskanzlers zusammengebunden, damit letzterer ebenfalls den Weg der europäischen Einigung beschreitet.
„Deutsch-französische Achse. 1982: Onkels Traum... 1990: Schmerzhaftes Erwachen.“ Am 3. Oktober 1990 nimmt der französische Karikaturist Ferdinand Guiraud anlässlich der Wiedervereinigung Deutschlands die Verschiebung des Kräfteverhältnisses in der deutsch-französischen Achse ins Visier. Während sich im Jahr 1982 der französische Staatspräsident François Mitterrand als Anführer des Tandems Paris-Bonn sieht, stellt sich die Situation mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 genau andersherum dar, denn nun wird Frankreich von seinem deutschen Partner (in Gestalt von Bundeskanzler Helmut Kohl) mit seinem politischen, wirtschaftlichen und finanzpolitischen Gewicht verdrängt und zermalmt.
Am 25. Oktober 1990 wirft der deutsche Karikaturist Walter Hanel einen ironischen Blick auf das politische, wirtschaftliche und finanzpolitische Gewicht des wiedervereinten Deutschlands und die entscheidende Rolle, die es auf der europäischen Bühne spielen möchte. Dieses Vorgehen irritiert die anderen europäischen Partner ganz offenbar, die das Tun des neuen Deutschlands unter Bundeskanzler Kohl mit Argwohn verfolgen. Im Hintergrund stehen der französische Staatspräsident François Mitterrand, die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die skandinavischen Länder und die Niederlande, die mit Sorge betrachten, wie Deutschland im Rampenlicht steht.
„Entschuldigung! Aber seit der Berlin-Entscheidung funktioniert hier nichts mehr!“ Am 24. Juli 1991 reflektiert der deutsche Karikaturist Karl-Heinz Schoenfeld die Fehler im diplomatischen Protokoll, seit Berlin zur Hauptstadt des wiedervereinten Deutschlands erklärt wurde. Es scheint nichts für den Empfang der aus dem Flugzeug aussteigenden europäischen Staatschefs vorbereitet zu sein. Bundeskanzler Kohl entschuldigt sich bei Staatspräsident Mitterrand, während ein Protokollbeamter noch damit beschäftigt ist, den roten Teppich auszurollen. Einen Monat zuvor, am 20. Juni 1991, hatte sich der Deutsche Bundestag mit knapper Mehrheit für Berlin als Hauptstadt des wiedervereinten Deutschlands entschieden und damit gegen Bonn, das in der Bundesrepublik Deutschland bis dahin die Hauptstadtfunktion innehatte. Dieser Entscheidung waren leidenschaftliche Diskussionen in Deutschland und im Ausland vorangegangen, da Berlin zugleich auch schlechte Erinnerungen als Hauptstadt Nazi-Deutschlands wachrief.