Methodisches Vorgehen

 

Das vorliegende Dossier ist das Ergebnis eingehender Recherchen in der nationalen, regionalen und satirischen Presse Deutschlands (u. a. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Die Welt, Die Zeit, Westfälische Rundschau, Frankfurter Rundschau, Simplicissimus) und Frankreichs (u. a. Le Monde, Le Figaro, Libération, L'Humanité, L'Express, France-Soir, Paris-Presse-L’intransigeant, Le Canard enchaîné, le Cri de la France, Action). Im Rahmen einer systematischen Durchsicht dieser Hauptquellen wurden zahlreiche Karikaturen ausgewählt, die auf schlagkräftige und humorvolle Weise das Auf und Ab in der Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen und die Rolle des politischen Zweiergespanns mit Blick auf den europäischen Integrationsprozess illustrieren. Bei der Literaturrecherche wurden auch ostdeutsche Satirezeitschriften berücksichtigt (Frischer Wind, Eulenspiegel), die jeglicher Form einer Annäherung zwischen Frankreich und Westdeutschland äußerst kritisch gegenüberstanden. So ist die Geschichte des deutsch-französischen Duos in erster Linie die Geschichte einer privilegierten Partnerschaft zwischen zwei Ländern der westlichen Welt, und mit der ostdeutschen Perspektive, die für diese Periode besonders interessant und aufschlussreich ist, eröffnet sich ein neuer Blickwinkel auf diese Beziehungen. Darüber hinaus enthält das Dossier Pressezeichnungen aus der Privatsammlung von Walther Fekl, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder), sowie Sammlungen von Karikaturen aus der Frankreich-Bibliothek des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg mit umfangreichen Beständen über das zeitgenössische Frankreich und die deutsch-französischen Beziehungen.

 

Die ausgewählten Karikaturen beleuchten vorlaut und sarkastisch das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich, das trotz seiner besonderen Qualitäten bisweilen auch Spannungen und Krisen durchlebte, die jedoch überwunden werden konnten, sodass das Zweiergespann bei zahlreichen Gelegenheiten als Motor der europäischen Integration zu wirken vermochte. Sie illustrieren das Verhalten der beiden Staatschefs angesichts der Bewährungsproben, die das europäische Aufbauwerk bestehen musste, und ziehen eine humorvolle, aber auch erbarmungslos kritische Bilanz der bilateralen Beziehungen. Es soll gezeigt werden, wie die deutsch-französische Partnerschaft, die sich aufgrund der bewegten Geschichte des vereinten Europa stets weiterentwickelt hat, von Karikaturisten in Frankreich und Deutschland erlebt, wahrgenommen und illustriert wurde. Daraus ergibt sich ein vielfältiger Blick, der die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieses ungleichen Paares und vor allem die Entwicklung des Kräfteverhältnisses und des Machtgefüges innerhalb dieser Beziehungen widerspiegelt. Die Karikaturen zeugen dementsprechend auch von dem Widerspruch, der bisweilen zwischen dem Bild, das die offiziellen Fotos zeichnen, und dem tatsächlichen Zustand der deutsch-französischen Freundschaft besteht.

 

Bei der Recherche wurde darauf geachtet, etwa gleich viele deutsche und französische Karikaturen auszuwählen, um die Entstehung, die Entwicklung, die Rolle und den Einfluss des deutsch-französischen Paares während des gesamten europäischen Einigungsprozesses zu beleuchten. Aber auch die Beziehungen des Duos zu anderen Ländern wurden berücksichtigt, da das gemeinsame Vorgehen Deutschlands und Frankreichs in einen umfassenden geopolitischen Kontext eingebettet ist, in denen auch die USA, die Sowjetunion sowie andere Staaten durch ihre politischen Entscheidungen und Strategien eine wichtige Rolle spielen. Bei der Auswahl der Karikaturen war ihre Relevanz für das jeweilige Thema ausschlaggebend. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, viele verschiedene Quellen zu berücksichtigen, um ein möglichst breites politisches Spektrum abzudecken.

 

Den Karikaturen sind Legenden angefügt, die den historischen Kontext erläutern und näher auf die Bedeutung und Interpretation von Symbolen, Metaphern, Stereotypen, Anspielungen, Mythen und allegorischen oder historischen Figuren sowie Wortspiele, die sich in der Zeichnung finden, eingehen. Ein wichtiges Element für das Verständnis der Botschaft, die mit der Karikatur vermittelt werden soll, ist die Analyse äußerer Merkmale wie Größe, Statur, Gesichtsausdruck, Kleidung und vieler weiterer Attribute der einzelnen Personen.

 

Abgedeckt wird der Zeitraum 1945-2013. Es ist nur möglich, die Entstehung und Entwicklung des deutsch-französischen Zweiergespanns vollständig nachzuvollziehen, wenn auch die Frage der deutsch-französischen Beziehungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und die einzelnen Etappen der Aussöhnung zwischen Bonn und Paris näher betrachtet werden. Die Geschichte dieser Aussöhnung beruht in erster Linie auf einem tiefen Misstrauen Frankreichs gegenüber Nachkriegsdeutschland und seiner Machtposition in Europa. Der Élysée-Vertrag von 1963 wird zwar häufig als Gründungsakte des deutsch-französischen Duos genannt, seine Geschichte lässt sich allerdings viel weiter bis zum französischen Außenminister Robert Schuman und zum deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer zurückverfolgen, die bereits zu Beginn der 1950er Jahre als treibende Kräfte voller Überzeugung das gemeinsame Vorhaben vorangebracht haben.

 

Das Dossier umfasst fünf große Kapitel, die in Abschnitte unterteilt sind, denen jeweils eine historische Analyse vorangestellt ist. Darin wird klar, verständlich und anschaulich die Rolle des deutsch-französischen Duos in der Geschichte des europäischen Aufbauwerks erläutert. Die Karikaturen erscheinen in chronologischer Reihenfolge, von der ältesten bis zur aktuellsten. Alle sind mit bibliographischen Angaben versehen, um eine eindeutige Zuordnung zu ermöglichen (Verfasser, Erscheinungsdatum, Publikation, Erscheinungsort). Neben den Karikaturen, die den Hauptteil des Dossiers bilden, finden sich auch Fotos, mit denen die wichtigsten Ereignisse illustriert werden sollen, eine Chronologie der deutsch-französischen Beziehungen im Zeitraum 1945-2013 und eine Auswahlbibliographie zu den deutsch-französischen Beziehungen aus dem Blickwinkel der Karikaturisten. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die mehr als 4000 deutsche und französische Literaturnachweise umfassende Bibliographie auf der Website der „Equipe Interdisciplinaire de Recherche sur l’Image Satirique“ (E.I.R.I.S.), die dem Team „Héritages et Constructions dans le Texte et l'Image“ (EA 4249) der Université de Bretagne Occidentale (UBO) angehört.

 

Das Dossier wird durch Kurzbiographien der verschiedenen historischen Akteure (deutsche Bundeskanzler und französische Staatspräsidenten) und ein Verzeichnis der Karikaturisten ergänzt. Alle Karikaturen und Fotografien werden vom CVCE unter Angabe der Quelle und Urheberrechte aufbereitet.

 

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