Themendossier

Die Mittel der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)


In Artikel 49 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der am 18. April 1951 in Paris unterzeichnet wurde, sind die Mittel der Gemeinschaft aufgeführt: „Die Hohe Behörde ist berechtigt, sich durch Erhebung von Umlagen auf die Erzeugung von Kohle und Stahl [und] durch die Aufnahme von Anleihen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel zu beschaffen.“. Außerdem kann sie „unentgeltliche Zuwendungen entgegennehmen“.



Von Beginn an ist im EGKS-Vertrag eine von den Mitgliedstaaten unabhängige Finanzierung der Gemeinschaft vorgesehen. Dadurch verfügt die EGKS über Eigenmittel aus einer direkten Umlage auf die Kohle- und Stahlunternehmen. Rechtlich hat die Umlage den Status einer tatsächlichen Steuereinnahme, die die Hohe Behörde (bzw. seit dem Fusionsvertrag die Kommission) unmittelbar von den Unternehmen erhebt.


Gemäß Artikel 50 § 2 des EGKS-Vertrages verabschiedet die Hohe Behörde am 23. Dezember 1952 daraufhin zwei Entscheidungen:


– In der Entscheidung Nr. 2-52 mit Wirkung ab dem 1. Januar 1953 werden die Bedingungen für die Veranlagung und Erhebung der Umlagen festgelegt.


– Mit der Entscheidung Nr. 3-52 erfolgt die Festsetzung des Umlagesatzes auf die ab dem 1. Januar 1953 hergestellten Erzeugnisse im Rahmen der vertraglich festgelegten Grenze, die 1 % nicht überschreiten darf, sofern nicht vom Rat mit Zweidrittelmehrheit vorab genehmigt.


Der tatsächliche Umlagesatz liegt in der Praxis unter dem genehmigten Satz. Anfangs lag der von der Hohen Behörde festgesetzte Umlagesatz nahe an der Höchstgrenze, damit die EGKS eine finanzielle Rücklage bilden konnte, wurde aber im Laufe der Zeit unter Berücksichtigung der schwierigen Lage der Branche nach unten korrigiert (1980 auf 0,31 % und 1991 auf 0,29 %). Seit dem 1. Januar 1998 gilt ein Umlagesatz von 0 %, da zum 31. Dezember 1997 eingeschätzt wurde, dass die bilanziellen Rückstellungen der EGKS ausreichend sind, um die Haushaltsaktivitäten der EGKS bis zum Auslaufen des Vertrages aufrecht zu erhalten.


Die Umlagen werden von den Unternehmen direkt an die Gemeinschaft abgeführt. Die Unternehmen müssen die Höhe der Zahlung durch entsprechende Erklärung nachweisen. Die Kommission hat eine echte Kontroll-, Nachprüfungs- und Sanktionsbefugnis gegenüber den Abgabepflichtigen. Bei Nichteinhaltung ihrer Entscheidungen können gegen die säumigen Unternehmen Zuschläge von höchstens 5 v. H. für jedes Vierteljahr des Verzuges festgesetzt werden (Artikel 50 § 3 EGKS-Vertrag).



Zur Beschaffung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel kann die Kommission auch Anleihen aufnehmen. Sie darf jedoch die durch Anleihen aufgebrachten Mittel nur zur Gewährung von Krediten verwenden (Artikel 51 § 1 Absatz 1 EGKS-Vertrag).



Die anderen Mittel der EGKS sind Einnahmen aus Eigenmitteln, Säumniszuschläge und Bußgelder, Vorträge aus Vorjahren, finanzielle Zuwendungen der Staaten sowie außerordentliche Zuwendungen aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften. Die Inanspruchnahme dieser beiden Zuwendungsarten erklärt sich zum Teil durch die Notwendigkeit, auf die Krise im EGKS-Sektor zu reagieren, wodurch höhere Umlagen ausgeschlossen und verstärkte Eingriffe geboten waren.



Der Vertrag zur Gründung der EGKS, der für eine Dauer von fünfzig Jahren ab dem Tag seines Inkrafttretens geschlossen wurde, läuft am 23. Juli 2002 aus. Im Hinblick auf das Auslaufen des Vertrages und unter Berücksichtigung des Nutzens, den der Kohle- und Stahlsektor aus den technischen Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der EGKS gezogen hat, vereinbart der Europäische Rat in seiner am 16. und 17. Juni 1997 in Amsterdam verabschiedeten Entschließung über Wachstum und Beschäftigung, dass die zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs bestehenden Reserven für einen Forschungsfonds verwendet werden können, der den Sektoren im Zusammenhang mit der Kohle- und Stahlindustrie zugute kommt.


Als Reaktion auf den Appell des Europäischen Rates schlägt die Kommission in einer Mitteilung vom 8. Oktober 1997 vor, das Vermögen der „EGKS in Abwicklung“ auf die weiter bestehenden Gemeinschaften zu übertragen und alle Einnahmen aus der Verwaltung dieses Vermögens zur Finanzierung von Forschungstätigkeiten zu verwenden, die bisher von den Kohle- und Stahlforschungsprogrammen der EGKS abgedeckt wurden.


Am 26. Februar 2001 vereinbaren die Staats- und Regierungschefs das Protokoll über die finanziellen Folgen des Ablaufs des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl. Dieses Protokoll überträgt das gesamte Vermögen und alle Verbindlichkeiten der EGKS – wie in der Bilanz zum Stichtag 23. Juli 2002 ausgewiesen – an die Europäische Gemeinschaft bei gleichzeitiger Zuweisung des Nettowertes dieses Vermögens an die Forschung in Sektoren, die die Kohle- und Stahlindustrie betreffen.


Das Protokoll begründet eine neue Terminologie. Das EGKS-Vermögen nach Ablauf des Vertrages wird hier als „EGKS in Abwicklung“ bezeichnet. Nach Abschluss der Abwicklung wird dieses Vermögen als „Vermögen des Forschungsfonds für Kohle und Stahl“ bezeichnet. Und die Erträge aus diesem Vermögen werden „Forschungsfonds für Kohle und Stahl“ genannt.


In seiner Entscheidung vom 1. Februar 2003 legt der Rat die notwendigen Bestimmungen für die Durchführung des Protokolls fest. So ist vorgesehen, dass das Vermögen der EGKS an die von der Kommission vertretene Europäische Gemeinschaft übergeht, gebunden an eine separate Haushaltkontrolle, an den Vollzug der 2002 noch nicht abgeschlossenen Operationen, an die Verwaltung des EGKS-Vermögens nach dem Gebot der langfristigen Rentabilität unter Zuweisung des Ergebnisses – d. h. der Erträge aus Vermögensanlagen – zur Finanzierung von Forschungsaktivitäten in den Sektoren, die die Kohle- und Stahlindustrie betreffen.

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