„ Heute – Morgen?“ 1946 fragt der deutsche Karikaturist Mirko Szewczuk nach der politischen Zukunft des besiegten und von den Alliierten besetzten Deutschlands.
„Fritz oder die Beharrlichkeit“. Am 13. September 1946, ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und angesichts der Gefahr, dass das besiegte Deutschland seine geballte Industriemacht zurückerlangen könnte, kommt der französische Karikaturist Soro auf das Schicksal Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg 1918 zurück. Soro, beunruhigt darüber, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, fordert die westlichen Demokratien und insbesondere Frankreich auf, in Anbetracht der mit dem Wiederentstehen eines militärisch-industriellen Komplexes in Deutschland verbundenen Gefahren wachsam zu bleiben.
„Pin-Up. Miss Europa 47“. Am 23. Juli 1947 illustriert der französische Karikaturist Jean Effel die Unzufriedenheit Frankreichs (Marianne) und des Vereinigten Königreichs (Britannia) mit der Tatsache, dass Deutschland (Germania), das von US-Präsident Harry Truman zur Miss Europa 47 gekürt wird, wieder in Gnaden aufgenommen wird. Einen Monat zuvor, nämlich am 5. Juni 1947, hatte US-Außenminister George C. Marshall in einer Rede an der Harvard-Universität in Cambridge (Massachusetts) allen Ländern Europas wirtschaftliche und finanzielle Hilfe angeboten, sofern eine engere europäische Zusammenarbeit aufgebaut würde. Der Marshall-Plan bzw. das European Recovery Program (ERP) ist Teil der amerikanischen Eindämmungs- oder Containment-Politik von US-Präsident Truman, mit der die Ausbreitung des Kommunismus in Europa aufgehalten werden soll. In Anbetracht der Ost-West-Spannungen wird der wirtschaftliche Wiederaufbau Deutschlands für Washington zu einem vorrangigen Anliegen.
„Wir haben Vorrang!“ Im Zusammenhang mit der Umsetzung des Marshall-Plans illustriert der französische Karikaturist Garnier am 26. Juli 1947 die Befürchtungen Frankreichs und der anderen europäischen Länder angesichts eines zu schnellen wirtschaftlichen Aufstiegs des Nachkriegsdeutschlands. Frankreich, dargestellt als junge Marianne mit Jakobinermütze, steht Schlange, um in den mit Sternen der amerikanischen Flagge verzierten Bus „Wohlstand, Aufschwung und Überfluss“ einzusteigen, und macht dem Kontrolleur klar, dass die Länder, die im Zweiten Weltkrieg von Deutschland überfallen worden waren, bei den Hilfen des Marshall-Plans Vorrang haben müssen. Auf der anderen Seite des Busses steht „Gretchen“, ein Militärstiefel tragendes Mädchen mit Zöpfen und bayerischem Federhut – Symbol für Deutschland –, das keine Sonderbehandlung erhalten darf, sondern warten muss, bis es an der Reihe ist, um die amerikanische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
„Germania. – ‚Sobald wir fertig sind, befassen wir uns mit der Aufrichtung Frankreichs.‘“ Am 23. September 1947, zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nimmt der französische Karikaturist Pol Ferjac auf ironische Weise ins Visier, dass die westlichen Verbündeten und einige französische Politiker so nachdrücklich darauf hinarbeiten, das besiegte Deutschland wiederaufzubauen. Ferjac weist auf die Gefahren eines solchen Wiederaufbaus hin, der vor dem Frankreichs, dargestellt als eine am Boden liegende, zerbrochene Marianne-Statue, stattzufinden scheint. Von links nach rechts: Der französische Ministerpräsident Paul Ramadier, der französische Außenminister Georges Bidault, der britische Außenminister Ernest Bevin und US-Präsident Harry Truman versuchen Deutschland in Gestalt einer imposanten Germania-Statue, deren kriegerische und militaristischen Attribute (Wehrmachtshelm mit Hakenkreuz, Militärstiefel und Königsschwert) nichts Gutes ahnen lassen, wiederaufzurichten.
„Frankreichs Sicherheitsbedürfnis. Marianne: ‚Haltet ihn nur ja fest, er hat es auf meine Unschuld abgesehen!‘“ Am 20. Januar 1948 spottet der deutsche Karikaturist Ernst Maria Lang über die Ängste Frankreichs, dargestellt durch eine wie eine Prostituierte aussehende Marianne, vor einem zu schnellen Aufschwung Nachkriegsdeutschlands, das hier durch einen abgemagerten und schwächlichen „deutschen Michel“ symbolisiert wird, der von den USA und dem Vereinigten Königreich beaufsichtigt wird.
„Die deutschen siamesischen Zwillinge“. Am 24. Februar 1948 illustriert der deutsche Karikaturist Ernst Maria Lang, wie die Zukunft Nachkriegsdeutschlands aussieht. Auf der linken Seite wird Westdeutschland in Gestalt eines kleinen deutschen Michels mit nach oben stehender Mütze von den drei westlichen Alliierten gehätschelt (wobei Marianne für Frankreich steht, Onkel Sam für die Vereinigten Staaten und John Bull für das Vereinigte Königreich ), die sich gemeinsam darum bemühen, ihn aufzupäppeln. Auf der rechten Seite sieht sich ein blutarmer und verängstigter Michel, nämlich Ostdeutschland in der sowjetischen Besatzungszone, einem riesigen Bären mit den Zügen des sowjetischen Staatschefs Josef Stalin gegenüber. Vom 23. Februar bis zum 6. März 1948 findet in London die Dreimächtekonferenz zur deutschen Frage statt, an der die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich teilnehmen. Die drei Alliierten beschließen, die Gründung eines westdeutschen Staates voranzutreiben und so den Vormarsch des Kommunismus aufzuhalten.
„Die Zerreißprobe.“ Am 1. Juli 1948, nach Beginn der Berlin-Blockade durch die Sowjets, illustriert der Karikaturist Mirko Szewczuk „die Zerreißprobe“ zwischen der Sowjetunion und den westlichen Alliierten (Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich, Frankreich) über den Status der Stadt.
„Die vier Großmächte und der deutsche Goldfisch“. Im September 1948 spöttelt der deutsche Karikaturist Roland Stigulinszky über das Schicksal des von den vier Besatzungsmächten (Vereinigtes Königreich, Frankreich, USA und Sowjetunion) besiegten Deutschlands. Angesichts des „deutschen“ Goldfischs in seinem Glas stellt der britische Soldat fest: „That’s right, er ist wirklich mager!“. Der französische Soldat hält sich den Finger und jammert: „Sacré nom d’un chien, er hat mich gebissen!“. Der amerikanische GI stellt fest: „Very nice indeed!“! (und legt ihn trocken), und der Sowjetsoldat sagt grinsend: „Charascho, serr gutt!“ und verschlingt den Fisch.
„Genesungsheim Europa – Der wird zu schnell gesund ...“ Im Zusammenhang mit der Hilfe der Vereinigten Staaten (Doktor Onkel Sam) für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa (Marshall-Plan) illustriert der deutsche Karikaturist Ernst Maria Lang am 9. November 1948 die Befürchtungen Frankreichs (Marianne) und des Vereinigten Königreichs (John Bull) angesichts der zu schnellen wirtschaftlichen Genesung Deutschlands (Michel). Rechts stehen die Niederlande (eine kleine Meisje) und beobachten die Szene.
„Sieh nur, wie sie sich im Westblock einschmeichelt!“ Am 8. Dezember 1948 wirft der französische Karikaturist Henri Monier einen ironischen Blick auf die Frage, wie sich die politische Zukunft des besiegten und besetzten Deutschlands gestalten wird. Auf der rechten Seite beobachten ein französischer und ein britischer Soldat, wie das junge Gretchen (Deutschland) mit einem amerikanischen GI flirtet. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird der westliche Teil Deutschlands immer stärker in den von den USA angeführten Westblock eingebunden. Bereits im Dezember 1946 beschließen die Briten und die Amerikaner, ihre jeweiligen Besatzungszonen zusammenzulegen. Mit dem Anschluss der französischen Zone im Jahr 1948 wird Westdeutschland zur Trizone. Vom 20. April bis zum 2. Juni 1948 tagen die drei Westmächte in London, um die Zukunft des Landes zu erörtern, und beschließen die Einberufung einer parlamentarischen Versammlung, des deutschen Parlamentarischen Rates.
„Die großen Wiederaufführungen. - Undine.“ Am 31. Mai 1949, fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, veranschaulicht der französische Karikaturist Effel die Bedenken Frankreichs (Marianne), Belgiens (Manneken Pis) und der Niederlande (Meisje) angesichts der Gründung der noch blutjungen Bundesrepublik Deutschland (BRD). Während einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Rates am 23. Mai 1949 in Bonn verkündet nämlich dessen Präsident Konrad Adenauer die Annahme des Grundgesetzes der BRD. Die drei sitzen am Ufer des Rheins in der Nähe von Bonn und beobachten voller Sorge die „neue“ Germania beim Baden, die in Gestalt von Undine, einer Wassernymphe, die in der germanischen Mythologie allgemein als unbeschreibliche Schönheit dargestellt wird, die Männer ins Wasser lockt, um sie zu ertränken. Als Vorbild für Undine dient ein Theaterstück (1939) von Jean Giraudoux, der sich wiederum von der Erzählung „Undine“ des deutschen Romantikers La Motte-Fouqué (1777-1843) inspirieren ließ. Angesichts dieser Wiederholung der Geschichte liegt die Gemeinsamkeit der zahlreichen Versionen des Mythos von Undine darin, dass die Liebe dieser jungen Nymphe zu den Sterblichen oft ein tragisches Ende nimmt.
„Die Kunst ein großer Europäer zu sein“. Am 13. Dezember 1949 spöttelt der französische Karikaturist Roland Moisan über die Bemühungen des französischen Außenministers Robert Schuman um die Wiedereingliederung Westdeutschlands, dargestellt als blutjunge Germania mit Wehrmachtshelm und im Stechschritt in den Schoß der europäischen Gemeinschaft. Die Erinnerung an die Besatzung durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs ist noch sehr lebendig, und die Wiederbewaffnung Deutschlands erscheint vielen als ein Frevel.
„Die Romanze des neuen Jahres oder ... der Mistelzweigträger.“ Am 28. Dezember 1949 witzelt der französische Karikaturist Louis Mitelberg darüber, dass Nachkriegsdeutschland in Gnaden wieder auf die internationale Bühne zurückkehrt. Der Karikaturist prangert die neue Idylle zwischen der jungen Bundesrepublik Deutschland und den USA sowie das Wohlwollen des französischen Außenministers angesichts der Wiederauferstehung Deutschlands an. Zum Jahreswechsel küsst die Germania - in Militärstiefeln und mit einem Stahlhelm der Waffen-SS auf dem Kopf - US-Präsident Truman innig im Tanz vereint unter einem Mistelzweig, dem Symbol für Wohlstand und ein langes Leben, der von Robert Schuman gehalten wird. Angesichts der schmerzhaften Erinnerungen an die deutsche Besatzung und knapp fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehen bestimmte politischen Kreise in Frankreich und ein Teil der Öffentlichkeit dem Prozess des wirtschaftlichen und militärischen Wiedererstarkens des Nachbarn jenseits des Rheins sehr kritisch gegenüber.
„Kinder, wie die Zeit vergeht.“ Am 8. April 1950 illustriert der deutsche Karikaturist Beuth die langwierigen Verhandlungen über die Zukunft Deutschlands. Er befürchtet, dass die Lösung der deutschen Frage auf den Nimmerleinstag verschoben wird. Von links nach rechts: der amerikanische Außenminister Dean Acheson, der britische Außenminister Ernest Bevin und der französische Außenminister Robert Schuman.
„Bonn. – ,Habt Vertrauen, unsere gute Frau in Bonn wird das schon richten.‘“ Am 3. November 1950 veranschaulicht der französische Karikaturist Jean Mad, wie die politische Zukunft der noch jungen Bundesrepublik Deutschland (BRD) aussieht, und hebt die damit verbundenen Sorgen der Franzosen hervor. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist in Deutschland viel geschehen. Ende 1946 beschließen Briten und Amerikaner den Zusammenschluss ihrer beiden Besatzungszonen, und 1948 wird in Westdeutschland mit der Aufnahme der französischen Zone die Trizone gebildet. Am 23. Mai 1949 verkündet schließlich eine verfassunggebende Versammlung, der Parlamentarische Rat, die Annahme des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Bonn wird die Hauptstadt des neuen deutschen Staates. Entsprechend ist Uncle Sam (USA) darum bemüht, bei Frankreich, dargestellt als Marianne mit einer Jakobinermütze, Vertrauen in das neue Antlitz der noch jungen Bundesrepublik herzustellen. Eine lächelnde Germania bedeutet ihrer Nachbarin Marianne, dass sie nicht mehr die Alte sei, und betont ihre guten Absichten, indem sie Hitlerismus, Imperialismus, Militarismus, Totalitarismus und Kommunismus aus der guten Stube fegt.