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Das internationale Umfeld

Das internationale Umfeld


Nach dem Zweiten Weltkrieg befindet sich Frankreich, was seinen großen Nachbarn angeht, in einem Dilemma. Denn obwohl es Angst vor der Wiederbewaffnung Deutschlands und einem Wiedererstarken des Militarismus hat, muss es einsehen, dass Westeuropa gegen einen Angriff von außen nicht gefeit ist. Zwei gegnerische Blöcke spalten Europa immer weiter, und der Kontinent droht unweigerlich, ein weiteres Mal zum Schauplatz eines Konfliktes zwischen Ost und West zu werden. Die negativen Vorzeichen mehren sich. Im Jahr 1947 lehnt die Sowjetunion den Marshallplan für Wirtschaftshilfe in Europa ab und bringt die Satellitenstaaten dazu, die Hilfe auszuschlagen; kurz darauf gründen diese das Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterparteien (Kominform) und schließlich den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW oder Comecon). Nach der von den westlichen Alliierten im Alleingang beschlossenen Währungsunion in ihren Berliner Sektoren blockieren die Sowjets ab April 1948 die Zufahrtswege zur Stadt. Das Manöver scheitert jedoch ein Jahr später dank der Einrichtung einer Luftbrücke durch die Amerikaner, über die Berlin versorgt werden kann. Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs wird der Ton schärfer. Die Gründung der Westunion durch den Brüsseler Pakt vom 17. März 1948 und die Unterzeichnung des Nordatlantikvertrags am 4. April 1949 sind deutliche Beispiel dafür. Ebenso wie die Zündung der ersten sowjetischen Atombombe im September 1949 in der kasachischen Steppe. Sie beendet das amerikanische Atommonopol und hat beträchtliche psychologische und strategische Auswirkungen. Der Ausbruch des Koreakrieges im Juni 1950 schließlich lässt einen Dritten Weltkrieg befürchten. Die Angst hält erneut in Europa Einzug. Durch die Verschärfung des Kalten Krieges und die kommunistische Bedrohung erhält die Bundesrepublik Deutschland (BRD) eine immer größere geopolitische Bedeutung. Unter diesen Umständen wird die Frage der Verteidigung Westeuropas mit jedem Tag dringender. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien, die gemeinsam mit Frankreich die deutschen Westzonen besetzt halten – diese bilden seit dem 23. Mai 1949 offiziell die BRD mit demokratisch gebildeten Institutionen –, sind entschlossen, das deutsche Industriepotenzial zu nutzen und es zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Verteidigungsstrategie zu machen.


Für die französische Außenpolitik jedoch ist die Wiederbewaffnung Deutschlands nur im Rahmen einer europäischen Verteidigungsorganisation akzeptabel, die in der Lage ist, diesen Prozess zu überwachen. Die Vereinigten Staaten ihrerseits wollen Deutschland wiederbewaffnen, jedoch unter dessen Einbindung in die NATO. Ziel der einen wieder anderen ist die endgültige Verankerung der BRD im westlichen Lager. Deutschland ist sich seiner wachsenden Bedeutung bewusst und zögert nicht, seinen Standpunkt klar zu vertreten. In Bonn wird die Kritik an den internationalen Kontrollmaßnahmen, denen das Land nach wie vor unterliegt, immer lauter. Man wehrt sich gegen die fortwährende Demontage von Fabriken durch die Sieger und gegen die Kontrolle der deutschen Außenpolitik und des deutschen Außenhandels durch die Alliierten. Die Frage des Saarlandes, das im März 1950 wirtschaftlich an Frankreich angeschlossen wurde, bleibt ein Streitpunkt zwischen Paris und Bonn. Nach seiner Wahl zum Bundeskanzler im September 1949 bemüht sich Konrad Adenauer um die Aufnahme der BRD als gleichberechtigtes Mitglied in die Internationale Ruhrbehörde (IRB). Einen Monat später tritt Deutschland der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) bei, die am 16. April 1948 in London gegründet worden war. Das Petersberger Abkommen ermöglicht im November die Wiederaufnahme konsularischer und Handelsbeziehungen zwischen den drei westlichen Alliierten und der BRD, führt zu einer Verlangsamung der Demontagen und bringt außerdem den Wunsch zum Ausdruck, die BRD in die Europäische Gemeinschaft einzugliedern. Die Bundesrepublik soll außerdem als assoziiertes Mitglied in den Europarat aufgenommen werden, dessen Satzung am 5. Mai 1949 in London unterzeichnet worden war.


In dem Bemühen um eine Normalisierung seiner politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland sucht Frankreich nach einer neuen diplomatischen Lösung. Nach Ansicht des Leiters des Generalkommissariats für Planwirtschaft Jean Monnets und des französischen Außenministers Robert Schuman muss die deutsche Schwerindustrie in eine Wirtschaftseinheit eingegliedert werden, die eine effiziente Kontrolle ermöglicht, ohne demütigend zu wirken. In ihren Augen besteht die Lösung in der Gründung einer supranationalen Behörde, die die Kohle- und Stahlproduktion der zwei Staaten bzw. anderer interessierter europäischer Partner verwaltet. Dies ist der Inhalt der Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950. Für Deutschland bedeutet sie die Abschaffung der IRB, die das Land als diskriminierend empfindet. Durch den Einmarsch nordkoreanischer Truppen in Südkorea, kaum eine Woche, nachdem in Paris die Verhandlungen zwischen den sechs Partnern (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande) über die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) aufgenommen wurden, ändern sich die internationalen Gegebenheiten grundlegend. Auf europäischer Ebene treibt die Gefahr eines Krieges die Nachfrage nach Stahl in die Höhe und zerstreut vorübergehend die Befürchtung einer Überproduktion und damit die Angst vor der Schließung wenig rentabler Werke. Die Verhandlungen über den Schuman-Plan, an denen auch zahlreiche Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen teilnehmen, werden daher durch den Krieg gewissermaßen vereinfacht.


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