Frankreich und die NATO
Frankreich und die NATO
Am 17. September 1958 richtet der französische Staatspräsident Charles de Gaulle eine Memorandum an seinen amerikanischen Amtskollegen Dwight D. Eisenhower und den britischen Premierminister Harold MacMillan. Darin schlägt er die Ausweitung des Aktionsradius der Atlantischen Allianz auf die weltweite Ebene aus, um auch Regionen abzudecken, in denen Frankreich weiterhin besondere Interessen verfolgt. Außerdem schlägt er die Einrichtung eines dreiköpfigen Direktoriums für die Nordatlantikvertragsorganisation vor, in dem Frankreich, Großbritannien und die Vereinigten Staaten gleichberechtigt über die atomare Strategie diskutieren sollen. Sollten seine Partner ablehnen, behält Frankreich, das die absolute Kontrolle über seine Streitkräfte bewahren will, sich das Recht zum Austritt aus der NATO vor. De Gaulle betrachtet die NATO und Europa nicht getrennt voneinander. Er will sich eine Stärkung seiner Position in der Allianz zu Nutze machen, um seinen Einfluss auf die Sechs auf der Grundlage einer deutsch-französischen Achse zu festigen. Im Gegenzug hofft de Gaulle die europäische strategische und politische Zusammenarbeit zu stärken, um die Vereinigten Staaten zur Annahme der französischen Reformvorhaben der NATO zu bewegen.
Die Vereinigten Staaten und Großbritannien lehnen die französischen Vorschläge ab. Am 11. März 1959 beschließt Frankreich, seine Marineeinheiten im Mittelmeer dem NATO-Kommando zu entziehen. Im Juni lässt die französische Regierung verlauten, dass sie die Lagerung ausländischer Atomwaffen auf dem Staatsgebiet ablehnt, was die Vereinigten Staaten zur Verlegung von zweihundert Militärflugzeugen aus Frankreich zwingt. Im Frühjahr 1960 signalisieren die Vereinigten Staaten und Großbritannien der französischen Regierung wiederholt, dass sie nicht bereit sind, ein Abkommen über die nukleare Zusammenarbeit abzuschließen, vor allem was die Entwicklung atomarer Sprengköpfe angeht. Daraus schließt Frankreich endgültig auf die privilegierte Solidarität zwischen Amerikanern und Briten und beschließt, sich fortan auf ein politisches Europa zu konzentrieren. Am 21. Juni 1963 entzieht Frankreich seine Marineeinheiten im Atlantik und im Ärmelkanal dem alliierten Kommando. Am 10. März 1966 ist der Bruch vollzogen: General de Gaulle verkündet offiziell die Absicht Frankreichs, sich aus der integrierten Militärstruktur der Allianz zurückzuziehen, und verlangt, dass alle NATO-Stützpunkte auf französischem Boden ins Ausland verlegt werden. Das SHAPE verlässt Paris und wird nach Brüssel verlegt. Dessen ungeachtet bleibt Frankreich aber Mitglied des Atlantikpakts und der NATO.