Von der Zusammenarbeit zur Freundschaft: Das „deutsch-französische Duo in Aktion“ (1963-1989)
Von der Zusammenarbeit zur Freundschaft: Das deutsch-französische Gespann in Aktion (1963-1989)
Der am 22. Januar 1963 zwischen General de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer unterzeichnete Élysée-Vertrag besiegelte offiziell die Aussöhnung zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Durch die Einführung regelmäßiger Zusammenkünfte auf allen Ebenen und in allen Bereichen legte der Vertrag den Grundstein für eine enge Zusammenarbeit.
Gleichwohl wurden die deutsch-französischen Beziehungen im Zeitraum nach der Unterzeichnung, in dem die im Text vorgesehenen Mechanismen eingerichtet wurden, regelmäßig durch schwere Krisen erschüttert. Zudem brachte der Bilateralismus nicht die erhofften Ergebnisse. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Regierungen waren zahlreich und betrafen die Verteidigung und die Sicherheit, die Rolle der NATO, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und der UdSSR sowie die Form und die Funktionsweise der europäischen Integration. Den ersten wirklichen Durchbruch in den bilateralen Beziehungen stellte die Unterzeichnung des Abkommens über das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) dar, das interkulturelle Kontakte und Lernprozesse fördern sollte.
Nach dem Rücktritt Konrad Adenauers standen General de Gaulle zunächst Bundeskanzler Ludwig Erhard (1963-1966) sowie anschließend Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger (1966-1969) als Partner gegenüber. Mit dem amerikatreuen und den Freihandel favorisierenden Erhard gab es praktisch keine Anknüpfungspunkte, sodass die Beziehungen zwischen Bonn und Paris rasch abkühlten. Und obschon sich Kiesinger bemühte, die deutsch-französischen Beziehungen zu vertiefen, gab es nur wenig konkrete Ergebnisse. Hinzu kam, dass die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) inmitten der 1960er-Jahre von mehreren Krisen heimgesucht wurde, die insbesondere auf die Europapolitik General de Gaulles zurückzuführen waren.
1969 löste Georges Pompidou General de Gaulle als französischen Staatspräsidenten ab, während in der BRD Willy Brandt (1969-1974) Bundeskanzler wurde. Die gemeinsamen Initiativen, um der Einigung Europas neuen Schwung zu verleihen und die EWG aus der politischen und institutionellen Sackgasse herauszuführen, wurden zahlreicher. Doch die Währungsturbulenzen, mit denen Westeuropa Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre zu kämpfen hatte, sowie die unversöhnlichen Standpunkte im Verteidigungsbereich und der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stellten beträchtliche Stolpersteine dar. Darüber hinaus belastete das Misstrauen Pompidous gegenüber der Ostpolitik Willy Brandts die deutsch-französischen Beziehungen.
1974 begann für den Bilateralismus zwischen beiden Hauptstädten eine neue Ära. Mit der Wahl Helmut Schmidts zum Bundeskanzler (1974-1982) und Valéry Giscard d’Estaings (1974-1981) zum französischen Staatspräsidenten erlangten die deutsch-französischen Beziehungen durch diese beiden Männer, die sich bereits gut kannten, ihre wahre Bedeutung. Durch ihren Wunsch, die Einigung und Stärkung Europas voranzutreiben, machten sie ihre bilaterale Aussöhnung zum Motor für die europäische Integrationsbewegung. Im Folgenden stellte das Duo Schmidt Giscard d’Estaing die Weichen für das, was einst zur Europäischen Union werden sollte, und riefen den Europäischen Rat, die allgemeinen unmittelbaren Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie die Initiative zur Einrichtung des Europäischen Währungssystems (EWS) ins Leben. In der Außenpolitik ging es schwerpunktmäßig darum, die Positionen beider Länder zu den Beziehungen mit den Vereinigten Staaten einander anzunähern. Ohne die Amerikaner zu verherrlichen, billigte der französische Staatspräsident im Gegensatz zu seinen Vorgängern die US-amerikanische Hegemonie.
Als François Mitterrand (1981-1995) 1981 zum Staatspräsidenten gewählt wurde, kam es zum Misstönen in den deutsch-französischen Beziehungen. Sein Partner auf deutscher Seite war zunächst noch Helmut Schmidt, ab 1982 jedoch Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998). Mitterrand bemühte sich in den ersten beiden Jahren seiner Präsidentschaft, das Verhältnis zu Deutschland durch eine Annäherung an das Vereinigte Königreich neu auszurichten. Nichtsdestotrotz erhielt der europäische Integrationsprozess dank der deutsch-französischen Initiative beim Europäischen Rat von Fontainebleau 1984 neuen Schwung. Die gemeinsame Aktion mündete 1986 in die Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA).
Doch die großen geopolitischen Umwälzungen, die Ende der 1980er-Jahre in Osteuropa über die Bühne gingen, sowie der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und die am 3. Oktober 1990 folgende deutsche Wiedervereinigung führten zu einer völlig neuen Ausgangslage und stellten die deutsch-französischen Beziehungen auf eine schwere Probe.