Das erste Beitrittsgesuch des Vereinigten Königreichs zum Gemeinsamen Markt

Das erste Beitrittsgesuch des Vereinigten Königreichs zum Gemeinsamen Markt


Großbritannien beteiligt sich nicht am europäischen Einigungsprozess der 50er Jahre und stellt im Jahr 1961 zum ersten Mal ein Beitrittsgesuch bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Das Land schaut mit einem gewissen Neid auf das rapide Wirtschaftswachstum in den Ländern der EWG. Großbritannien will verhindern, wirtschaftlich und politisch von dem in der Entstehung begriffenen Europa abgehängt zu werden und ist zudem bestrebt, seine traditionelle Rolle als Vermittler zwischen Europa und den Vereinigten Staaten zu wahren. Premierminister Harold MacMillan trifft die Vorbereitungen für die Bewerbung und kann dabei auf die Unterstützung seiner Regierung, seiner Partei und der Konservativen Partei zählen. Das englische Unterhaus billigt den Beitrittsantrag Großbritanniens, und die Reaktionen der Partnerstaaten scheinen im Großen und Ganzen positiv zu sein.


Die Ankündigung des Beitrittsgesuchs


Der britische Premierminister Harold MacMillan bereitet das britische Beitrittsgesuch sorgfältig vor. Er verfügt im Unterhaus über eine solide Mehrheit und ist somit in der Lage, den Gegnern des Gemeinsamen Marktes innerhalb der Konservativen Partei Paroli zu bieten. Es gelingt ihm, Schlüsselposten in seiner Regierung mit überzeugten Europäern zu besetzen.


Auf internationaler Ebene erläutert er den Mitgliedern des Commonwealth das Interesse einer britischen Bewerbung. Im April 1961 besucht Macmillan den amerikanischen Präsidenten Kennedy, der auf einen Beitritt zum Gemeinsamen Markt drängt. Um die Meinung der Mitglieder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zu einem eventuellen Beitritt Großbritanniens auszuloten, bereist er zudem die Hauptstädte der sechs Staaten.


In den britischen Labour-Kreisen werden kritische Stimmen laut, was einen möglichen britischen Beitritt zu den Europäischen Gemeinschaften angeht. Diese Kreise fürchten vor allem den Verlust der Errungenschaften des Wohlfahrtstaates in einem liberalen Europa. Sie lehnen daher jeglichen Souveränitätsverzicht ab und warnen immer wieder vor einem kapitalistischen Europa.


Die positive Entscheidung des Unterhauses vom 4. August 1961 stößt dennoch auf keinen Widerspruch. Das Unterhaus stimmt dem Vorschlag der Regierung mit 313 zu 5 Stimmen zu, die Labour-Opposition und etwa fünfzig Konservative enthalten sich. Am 9. August 1961 reicht das Vereinigte Königreich sein erstes Beitrittsgesuch bei der EWG ein. Erst am 28. Februar 1962 reicht sie ihre Bewerbung bei der EKGS und Euratom ein. Die Verhandlungen mit den Sechs werden am 10. Oktober 1961 aufgenommen. Gleichzeitig entbrennt in der britischen Presse ein heftiger Streit zwischen Gegnern und Befürwortern des Gemeinsamen Marktes. Insgesamt sind die Reaktionen positiv. Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft scheinen bereit, das Vereinigte Königreich in ihre Mitte aufzunehmen. Nach Großbritannien beantragt auch Irland am 31. Juli 1961 den Beitritt zur EWG, gefolgt von Dänemark am 10. August und Norwegen am 30. April 1962.

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