Das geeinte Europa der Sozialisten

Das vereinte Europa der Sozialisten


Schon kurz nach der Befreiung passen die Sozialisten ihre Vorhaben für ein vereintes Europa an, für die sie während des Krieges im Untergrund oder bereits 1930 mit Aristide Briand und seinem berühmten Plan einer föderalen europäischen Union gekämpft hatten. Im Kontext des Kalten Krieges, der sich mit jedem Tag verschärft, befürworten die meisten von ihnen im Jahr 1947 aktiv den Marshallplan der Wirtschaftshilfe für Europa.


Aber die Sozialisten können nicht akzeptieren, dass der europäische Gedanke auf die Wiederherstellung des mittelalterlichen christlichen Okzidents reduziert wird. Sie kritisieren die Gefahr eines „vatikanischen“ Europas, d.h. einer vom Heiligen Stuhl mit Hilfe der europäischen christdemokratischen Parteien geschmiedeten Verschwörung zur Wiederherstellung eines christlichen Europas nach dem Vorbild des mittelalterlichen Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Sie sind vielmehr der Auffassung, dass nur der demokratische Sozialismus eine Alternative zum zügellosen Kapitalismus und zum totalitären Kommunismus bietet, um die immensen Schwierigkeiten beim wirtschaftlichen Wiederaufbau auf Grundlage der Prinzipien der Gerechtigkeit, der Freiheit, des Rechts und der Menschenwürde zu überwinden. In ihren Augen hilft das geeinte Europa, die Ausbreitung des Faschismus und des Kommunismus zu bremsen und gleichzeitig einen dauerhaften Frieden zu garantieren, indem es eine glaubwürdige dritte internationale Macht neben den Vereinigten Staaten und der UdSSR bildet. Als emblematische Persönlichkeit gilt vielen der französische radikal-sozialistische Minister Aristide Briand, der den Mitgliedstaaten des Völkerbundes bereits im Mai 1930 eine Denkschrift über die Einrichtung einer föderalen europäischen Union vorgelegt hatte.


Einige Sozialisten fordern ein vereintes sozialistisches Europa, das sie einem Europa der privaten kapitalistischen Interessen gegenüberstellen. Andere sind der Meinung, dass man mit den verschiedenen föderalistischen und demokratischen Strömungen zusammenarbeiten müsse, und sei es, um sich den Kommunisten besser widersetzen zu können, die die Schaffung eines westlichen Blocks verurteilen. Die Errichtung kommunistischer Diktaturen in Osteuropa veranlasst viele Sozialisten, sich von ihrer Doktrin zu distanzieren und für eine europäische Integration einzutreten, die im westlichen Bündnis verankert ist, auch wenn sie sich oft uneins über die Methoden und den Grad des Souveränitätsverzichts sind.

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