Die Ursprünge des Schuman-Plans
Die Ursprünge des Schuman-Plans
Wirtschaftlich gesehen sind Kohle und Stahl Grundstoffe von wesentlicher Bedeutung. Die Kohle bleibt die am meisten genutzte Energiequelle. Um eine Modernisierung der Strukturen der Schwerindustrie bemüht, weiß die französische Regierung um den dringenden Bedarf der Eisen- und Stahlindustrie im Osten Frankreichs an einer umfangreichen Versorgung mit Kohle. Zu diesem Zeitpunkt jedoch, da die befreiten Länder kaum in der Lage sind, ihren eigenen Bedarf zu decken, befinden sich die nach dem vorübergehenden Rückzug Großbritanniens, Belgiens und der Niederlande vom internationalen Handelsmarkt einzigen verfügbaren Kohlevorkommen ausgerechnet im Ruhrgebiet. Die Einrichtung eines europäischen Kohle- und Stahlpools soll es daher Frankreich ermöglichen, sich gegen einen drohenden Rohstoffmangel in Europa zu wappnen und zugleich trotz der vorhersehbaren Auflösung der Internationalen Ruhrbehörde seinen Rohstoffbedarf zu decken. Ganz allgemein zielt der Schuman-Plan auch auf die Erhöhung der Kohle- und Stahlproduktion in Europa ab, um das Wirtschaftswachstum insgesamt zu beleben. Zudem lässt der Plan eine erhebliche Senkung der Produktions- und Verkaufspreise erwarten.
In politischer Hinsicht wirbt der Schuman-Plan für die Einbindung Deutschlands in dauerhafte europäische Strukturen als das beste Mittel, das Land für seine Nachbarn ungefährlich zu machen und gleichzeitig den Frieden in Europa zu sichern. Der Plan macht eine Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen auf der Grundlage gemeinsamer Interessen möglich und fördert zugleich ein Klima der Zusammenarbeit in Europa, da Deutschland als gleichberechtigter Partner behandelt würde, was einen hohen symbolischen Stellenwert hätte. Die Unabhängigkeit der Hohen Behörde, eines supranationalen Organs, dem die Umsetzung des europäischen Kohle- und Stahl-Pools obliegt, ist darüber hinaus eine ganz neue Antwort die nationalen Egoismen. Außerdem drängen die USA, denen sehr am wirtschaftlichen und militärischen Wiederaufbau Westeuropas gelegen ist, Frankreich, die entscheidende Initiative zu ergreifen, nachdem Großbritannien seine Ablehnung gegenüber einer europäischen Zollunion beziehungsweise einer supranationalen Lösung deutlich zum Ausdruck gebracht hat.
Schließlich ist Frankreich der Ansicht, dass die Ende der 1940er Jahre bestehenden europäischen Organisationen nur unzureichend funktionieren. Es beschließt daher, allein zu handeln, und unterbreitet einen eigenen und konkreten Vorschlag zur Zusammenlegung der Kohle- und Stahlproduktion in Europa.