Themendossier

Die Entstehung des „deutsch-französischen Duos“ (1958-1963)

Die Außenpolitik von General de Gaulle

 

Als General de Gaulle am 1. Juni 1958 wieder die Regierungsverantwortung übernimmt, strebt er danach, Frankreich wieder zu seinem einstigen Rang in der Welt zu verhelfen, indem er das Land in die Lage versetzt, eine Politik der Eigenständigkeit und der Größe zu gestalten. Vor diesem Hintergrund versucht er, der europäischen Integrationsbewegung neue Impulse zu geben.

 

Nachdem er 1959 und 1960 von den Amerikanern und den Briten eine Abfuhr bezüglich seiner Reformvorhaben für die NATO erhalten hat, konzentriert General de Gaulle sein Handeln auf internationaler Ebene zunächst auf die Verwirklichung eines politischen Europas. Im Juli 1960 teilt er dem deutschen Bundeskanzler Adenauer seine Überlegungen hinsichtlich einer europäischen politischen Union mit. Ziel des Generals ist eine Reform der Europäischen Gemeinschaften im Sinne eines Europas der Staaten. Dazu schlägt er unter anderem regelmäßige Treffen zwischen Ministern, den Staats- und Regierungschefs der Sechs sowie hohen Beamten vor, um über Fragen der Politik, der Wirtschaft, der Kultur und der Verteidigung zu beraten. Diese Treffen sollen von einer beratenden Versammlung begleitet werden, die sich aus nationalen Parlamentsvertretern zusammensetzt. Im Grunde genommen schlägt de Gaulle Adenauer nichts anderes als die Bildung einer Art deutsch-französischer Konföderation mit gemeinsamer Staatsbürgerschaft vor. De Gaulle zählt dabei auf die Motorenfunktion des deutsch-französischen Tandems, um die Zustimmung der anderen europäischen Partner zur Schaffung eines autonomen Europas zu erhalten. Trotz der zurückhaltenden Reaktion des Bundeskanzlers und der Meinungsunterschiede der Sechs in Bezug auf die Beteiligung des Vereinigten Königreichs folgen die ersten Verhandlungen auf europäischer Ebene.

 

Am 19. Oktober 1961 stellt Christian Fouchet dem Regierungsausschuss einen ersten Vertragsentwurf (Fouchet-Plan I) zur Gründung einer unauflösbaren Staatenunion vor, die auf der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit sowie der Achtung der Identität der Völker und der Mitgliedstaaten beruht.

 

Die Partner Frankreichs sind gegen diesen ersten Vertragsentwurf, da sie die französische Übermacht in den Außenbeziehungen der Sechs befürchten. Zudem lehnen sie die stärkere zwischenstaatliche Prägung der Institutionen ab, in der sie eine Bedrohung für die Unabhängigkeit und das supranationale Wesen der Gemeinschaftsorgane sehen. Angesichts dieser Widerstände vertritt de Gaulle eine noch härtere Position und gibt den Kompromiss, den die europäischen Verhandlungsführer geschlossen hatten, auf. Am 18. Januar 1962 legt Christian Fouchet daher eine neue Fassung seines Plans vor (Fouchet-Plan II).Die Partner Frankreichs und allen voran die Benelux-Staaten kritisieren den Entwurf heftig und lehnen ihn erneut ab.

 

Das Scheitern des Fouchet-Plans führt zu einer Reihe von Krisen, welche allesamt von der Uneinigkeit über das Wesen des europäischen Einigungsprozesses, über die Machtbefugnisse der Gemeinschaftsorgane und über die atlantische Solidarität geprägt sind. Die Staats- und Regierungschefs treten sieben Jahre lang nicht mehr zusammen. Aber dieses Scheitern führt auch zu einer Intensivierung der deutsch-französischen Beziehungen. De Gaulle befürwortet ein Europa mit Frankreich und Deutschland als Stützpfeiler, lehnt aber jegliche bedeutende Übertragung von Souveränität an eine supranationale Behörde ab.

 

Die deutsch-französische Annäherung, wird mit der Unterzeichnung der Élysée-Verträge am 22. Januar 1963 besiegelt.


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