Themendossier

Die Zusammensetzung des Rates der Europäischen Union


Der Rat besteht aus den Vertretern der Mitgliedstaaten.


Anfangs tagen im Besonderen Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) die von den Regierungen der Mitgliedstaaten delegierten Außenminister. Dafür gibt es mehrere Gründe:


— Die herausragende Position der Außenminister ergibt sich aus der Rolle, die sie in den Verhandlungen über den EGKS-Vertrag gespielt haben.


— Die einzigen bekannten Verfahrensweisen zur Diskussion von bestimmten Fragen sind zu jener Zeit die klassischen diplomatischen Verfahrensweisen.


— Angesichts der strategischen Bedeutung von Kohle und Stahl scheint es logisch, die politisch sensiblen Entscheidungen von den Außenministern treffen zu lassen.


Mit der Zeit jedoch treten die Wirtschafts-, Industrie-, Handels- oder Energieminister an die Stelle der Außenminister, insbesondere wenn es um fachspezifische Fragen geht. Die Außenminister befassen sich jedoch weiterhin mit den politischeren Fragen.


Die Zusammensetzung des EWG- und des Euratom-Rates wechselt ebenfalls je nach den Ministern, die die Regierungen nach eigenem Ermessen benennen, um sie zu vertreten: beispielsweise Außenminister, Wirtschaftsminister, Landwirtschaftsminister, Verkehrsminister, Energieminister.


Die Fusion der Exekutivorgane im Jahre 1967 ändert nichts an der Zusammensetzung des Rates. Der Rat der Europäischen Gemeinschaften besteht weiterhin aus den Vertretern der Mitgliedstaaten. Diese entsenden zu dessen Sitzungen eines ihrer Regierungsmitglieder.


Der Wortlaut der Bestimmungen der Gründungsverträge (Artikel 146 EWG-Vertrag, Artikel 116 Euratom-Vertrag, Artikel 27 EGKS-Vertrag) wird durch den EU-Vertrag von 1992 geändert, der präzisiert: „Der Rat besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedstaats verbindlich zu handeln.“ Diese Änderung hat zum Ziel, dass ein Mitglied eines regionalen Exekutivorgans bei Fragen, die nach innerstaatlichem Recht unter seine Kompetenz fallen, im Rat tagen kann. Dieser Vertrag wird auch die Möglichkeit vorgesehen, dass der Rat auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs tagt, um bestimmte Entscheidungen zu treffen. Der Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001 zieht keine Änderungen von Artikel 203 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und von Artikel 116 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft nach sich. Der EGKS-Vertrag seinerseits lief am 23. Juli 2002 aus.


Die Zusammensetzung des Rates hängt also von der Tagesordnung der Sitzungen ab. Je nach Thema tritt er in unterschiedlichen Formationen zusammen. Mit den verschiedenen Reformen der Verträge erhöht sich die Anzahl der Fachräte parallel zur Ausweitung und Diversifizierung der Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft und der Union bis auf etwa zwanzig. Angesichts dieser Vielzahl, die zu einer übermäßigen Unterteilung der Tätigkeiten der Union sowie zu Überschneidungen zwischen den Tagesordnungen und Beratungen der einzelnen Formationen führt, empfiehlt der Europäische Rat von Helsinki im Dezember 1999 eine Begrenzung der Anzahl der Ratsformationen. In Anwendung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Sevilla vom Juni 2002 ändert der Rat am 22. Juli 2002 seine Geschäftsordnung, um die Anzahl seiner Formationen zu reduzieren, so dass nunmehr folgende Ratsformationen existieren:


- Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen

- Wirtschaft und Finanzen

- Justiz und Inneres

- Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucher

- Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung)

- Verkehr, Telekommunikation und Energie

- Landwirtschaft und Fischerei

- Umwelt

- Bildung, Jugend und Kultur.


Von 2002 an hält die Ratsformation „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“, die bis dahin die Bezeichnung „Allgemeine Angelegenheiten“ trug, im Zuge der Reform des Rates im Hinblick auf die Erweiterung zwei unterschiedliche Tagungen ab, auf denen sie sich jeweils mit einem ihrer beiden Haupttätigkeitsbereiche befasst: d. h. zum einen mit der Vorbereitung und der Auswertung der Tagungen des Europäischen Rates, mit institutionellen und administrativen Fragen, der allgemeinen Koordinierung der Politiken der Union sowie mit jeder Angelegenheit, die ihr vom Europäischen Rat übergeben wird, und zum anderen mit der Realisierung der gesamten außenpolitischen Tätigkeit der Union, d. h. der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, des Außenhandels sowie der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe.


Die einzelnen Ratsformationen können gleichzeitig tagen, um Fragen zu behandeln, die sich auf mehrere Tätigkeitsbereiche beziehen; dabei handelt es sich um den so genannten „Jumbo-Rat“. Trotz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Formationen bleibt die Einheitlichkeit des Rates als Organ gewahrt.

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