Die Arbeiten der Gruppe für den Gemeinsamen Markt

Die Arbeiten der Gruppe für den Gemeinsamen Markt


Gemäß den Beschlüssen der Außenminister der sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) auf der Konferenz von Venedig am 29. und 30. Mai 1956 besteht die Regierungskonferenz für den Gemeinsamen Markt und Euratom unter dem Vorsitz des belgischen Außenministers Paul-Henri Spaak aus zwei Gruppen, die sich mit den technischen Fragen der Redaktion der Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) beschäftigen. Die Gruppe für den Gemeinsamen Markt wird am 26. Juni 1956 gebildet, den Vorsitz führt Hans von der Groeben, ein hoher Beamter im deutschen Wirtschaftsministerium. Die Arbeiten dauern bis zum 23. März 1957 und werden somit erst zwei Tage vor der Unterzeichnung der Vertrag zur Gründung der EWG und Euratoms beendet.


Ungeachtet des wiederholt von Spaak ausgeübten Drucks stellen sich die Arbeiten in der Gruppe für den Gemeinsamen Markt als sehr viel schwieriger heraus als in der Euratom-Gruppe. Die deutsche und die französische Delegation erzielen nur mühsam Kompromisse zu Fragen wie der Harmonisierung der Sozialabgaben vor dem Beginn der zweiten Phase des Übergangszeitraumes des Gemeinsamen Marktes, zur Einführung des Gemeinsamen Außenzolltarifs (GAZ), zur Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete mit der EWG, zu den Wettbewerbsregeln und zum institutionellen System. Mehrere Male müssen der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Regierungschef Guy Mollet intervenieren, um politische Kompromisse zu schließen und so die drohende Blockade der Verhandlungen abzuwenden. Die Haltung der französischen Seite lässt zugegebenermaßen nicht viel Spielraum zu. Die Harmonisierung der Produktionsbedingungen beispielsweise wird in Paris als Vorbedingung für die Abschaffung der Zollbarrieren und die Öffnung des Gemeinsamen Marktes gesehen. Genauso lehnt die französische Delegation einen Übergang zur zweiten Phase ab, wenn die Ziele der ersten Etappe nicht vollständig erreicht werden. Entschlossen, die strenge Kontrolle über seine Währungspolitik zu behalten, stellt Frankreich schließlich zahlreiche Bedingungen für eine völlige Liberalisierung des Kapitalverkehrs.


Auf Grundlage des Spaak-Berichts entwickelt die Gruppe für den Gemeinsamen Markt die Freizügigkeit von Personen und Arbeitnehmern, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Besonders die Diskussionen um die Wettbewerbsregeln für den Gemeinsamen Markt werden von den nationalen Interessen und der Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten geprägt. So erweist sich die Festlegung einer gemeinsamen Konjunkturpolitik im Vertrag als unmöglich.

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