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Die Organisation der Europäischen Kommission


Die Organisation vor 1967


Die Hohe Behörde hat einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von zwei Jahren gewählt werden (Artikel 11 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)). In der Realität werden zwei Vizepräsidenten ernannt. Die Aufgaben des Präsidenten sind:


– die Gewährleistung des ordnungsgemäßen Arbeitens der Dienststellen,

– die Gewährleistung der Ausführung der Beschlüsse der Hohen Behörde,

– die Festlegung der vorläufigen Tagesordnung der Tagungen,

– die Rolle eines Bindeglieds zu den anderen Organen der EGKS.




Die Organisation der Hohen Behörde beruht auf dem Kollegialitätsprinzip. Die Hohen Kommissare bilden ein Kollegium. Dieses Kollegium fasst die Beschlüsse und muss sich dafür vor der Gemeinsamen Versammlung verantworten. Die Beschlüsse werden zwar kollektiv gefasst, dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Entscheidungen durch einstimmigen Beschluss getroffen werden. Auch wenn ein Konsens angestrebt wird, kann ein Beschluss auch einfach von der Mehrheit der Mitglieder gefasst werden.


Anfangs prüften zwar alle Mitglieder der Hohen Behörde alle Zuständigkeitsbereiche, im Laufe der Zeit jedoch spezialisierten sich die Mitglieder jeweils auf einen Aufgabenbereich, auch wenn diese Arbeitsteilung offiziell nicht bestätigt wurde. Die Spezialisierung gilt nur für die Prüfung und die Vorbereitung einer Fragestellung. Die Entscheidung selbst bleibt kollektiv.


Die Arbeitsteilung betreffend sieht der EGKS-Vertrag die Einrichtung von Studienausschüssen und insbesondere eines wirtschaftswissenschaftlichen Ausschusses vor (Artikel 16).


Zur Erfüllung ihrer Aufgaben musste die Hohe Behörde eine angemessene Verwaltungsstruktur aufbauen. Die Einrichtung von Arbeitsgruppen zur Vorbereitung der Beratungen des Kollegiums sowie zur Koordinierung der Arbeit zwischen den Dienststellen ermöglichte eine Rationalisierung der Arbeit des Organs. Ende 1953 existierten sechs Arbeitsgruppen, von denen jede aus vier Mitgliedern der Hohen Behörde bestand: Markt, Kartelle und Verkehr; Allgemeine Ziele; Soziale Angelegenheiten; Investitionen, Produktion und Finanzen; Außenbeziehungen; Verwaltungsfragen.


Die Hohe Behörde organisiert sich in Dienststellen. Sie trifft alle Maßnahmen des inneren Geschäftsbetriebs, die geeignet sind, das ordnungsmäßige Arbeiten ihrer Dienststellen sicherzustellen. Die erste Geschäftsordnung und die Allgemeine Organisationsordnung wurden am 5. November 1954 verabschiedet.


Bis zum Fusionsvertrag vom 8. April 1965 wird die Hohe Behörde tatsächlich als eine relativ kohärente und homogene Institution angesehen. Es entsprach außerdem dem Wunsch von Jean Monnet selbst, eine kleine Mannschaft zusammenzustellen, die enge Kontakte zu den nationalen Behörden und Fachleuten herstellen kann, aber gleichzeitig das europäische Gemeinwohl über die nationalen Interessen stellt.


Nach dem Inkrafttreten der Römischen Verträge vom 25. März 1957 zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG oder Euratom) werden im Jahr 1958 die neuen Kommissionen eingerichtet.


Die Kommission der EWG hat einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten, während die EAG-Kommission einen Präsidenten und nur einen Vizepräsidenten hat. Sie werden für zwei Jahre ernannt, eine Wiederernennung ist möglich (Artikel 161 des EWG-Vertrags und Artikel 130 des EAG-Vertrags).


Die Organisation und Verwaltung der Dienststellen der beiden Kommissionen werden über ihre Geschäftsordnung geregelt (Geschäftsordnung der EWG-Kommission vom 9. Januar 1963 und Geschäftsordnung der EAG-Kommission vom 8. Juni 1960).


Die zwei neuen Kommissionen folgen dem Beispiel der Hohen Behörde und unterteilen die Arbeit in Bereiche oder spezifische Aufgabengebiete, die den einzelnen Mitgliedern zugewiesen werden. Ebenso richten sie Arbeitsgruppen unter ihren Mitgliedern ein, die ihrerseits Kabinette zu ihrer Unterstützung bilden können. Die EWG-Kommission verfügt außerdem über einen Exekutivsekretär, der den Präsidenten bei der Vorbereitung der Sitzungen unterstützt.


Was die Verwaltungsstrukturen angeht, bemüht sich die Hohe Behörde um eine effiziente Zusammenarbeit mit der EWG-Kommission und der EAG-Kommission, um so administrative und fachliche Doppelarbeit zu vermeiden. Die drei Exekutivorgane beschließen, gemeinsame Dienststellen ins Leben zu rufen: einen gemeinsamen juristischen Dienst, einen gemeinsamen statistischen Dienst und einen gemeinsamen Presse- und Informationsdienst.


Ab 1960 werden die Dienststellen der Hohen Behörde nach dem Vorbild der EWG-Kommission in Generaldirektionen umstrukturiert. Die Geschäftsordnung der EWG-Kommission legt fest, dass die Generaldirektionen in Direktionen und die Direktionen in Abteilungen untergliedert werden. Die Grundeinheit der Verwaltungsstruktur ist die Abteilung.


Die allgemeine Organisation der Hohen Behörde und der Kommissionen der EWG und der EAG wird mit einigen Abänderungen bis zur Fusion der Exekutivorgane im Juli 1967 beibehalten.


Die Organisation nach 1967


Im Jahr 1967 werden die Hohe Behörde der EGKS, die EWG-Kommission und die EAG-Kommission im Rahmen des Fusionsvertrags vom 8. April 1965 durch eine gemeinsame Kommission ersetzt. Der Vertrag gründet den Grundsatz von der einzigen Verwaltung der Gemeinschaften (Artikel 24).


Die gemeinsame Kommission beschließt, die Verwaltungsstrukturen der drei Organe bis zur Einrichtung einer gemeinsamen Struktur am 28. März 1968 beizubehalten. In der Realität besteht eine sehr große Ähnlichkeit mit der Struktur der Vorgängerorgane, vor allem der EWG-Kommission.


Wie zuvor ist die Kommission der Europäischen Gemeinschaften weiterhin als Kollegium organisiert und handelt gemäß den Bestimmungen ihrer Geschäftsordnung als solches (vorläufige Geschäftsordnung vom 6. Juli 1967, abgelöst durch die Geschäftsordnung vom 17. Februar 1993, die wiederum von der Geschäftsordnung vom 18. September 1999 abgelöst wurde).


Das Kollegium der Kommissionsmitglieder hat einen Präsidenten. Die Kommission kann einen oder zwei Vizepräsidenten unter ihren Mitgliedern ernennen. Der Fusionsvertrag – in der 1986 durch die Beitrittsakte Spaniens und Portugals geänderten Fassung – sieht die Ernennung von sechs Vizepräsidenten vor, der Vertrag zur Gründung der Europäischen Union von 1992 begrenzt die Zahl jedoch auf höchstens zwei. Gleichzeitig wird die Amtsdauer des Präsidenten, die gemäß dem Fusionsvertrag zwei Jahre betrug, und aller Mitglieder der Kommission auf fünf Jahre festgelegt.


Die Rolle des Präsidenten wird durch den Vertrag von Amsterdam von 1997 gestärkt: Er übernimmt die politische Führung, unter der die Kommission ihre Tätigkeit ausübt (Artikel 219 des EG-Vertrags). Er vertritt die Kommission nach außen.


Das Kollegialitätsprinzip lässt dennoch eine Aufteilung der Aufgaben zu. So weist der Präsident den Kommissionsmitgliedern spezielle Handlungsbereiche (Geschäftsbereiche) zu, für die sie die Vorbereitung der Arbeiten sowie die Ausführung der Entscheidungen gewährleisten. Die Anzahl der Geschäftsbereiche sowie deren Inhalte und Bedeutung ändern sich im Laufe der Jahre.


Um für eine optimale Aufteilung zwischen den traditionellen Geschäftsbereichen und Sonderaufgaben zu sorgen, sieht die Erklärung Nr. 32 im Anhang an den Vertrag von Amsterdam einen großen Ermessensspielraum des Präsidenten sowohl für die Zuweisung der Aufgabenbereiche innerhalb des Kollegiums als auch bei einer Neuordnung während der Amtszeit vor. Außerdem nimmt die Erklärung die Absicht der Kommission zur Kenntnis, ihre Dienststellen neu zu gliedern, und hält es für wünschenswert, einem Vizepräsidenten die Zuständigkeit für die Außenbeziehungen zuzuweisen.


Der Präsident richtet unter den Kommissionsmitgliedern Arbeitsgruppen (so genannte „Kommissionsgruppen“ ) ein, deren Vorsitzenden er ernennt. Diese Gruppen können entweder auf Dauer oder ad hoc ernannt werden. Der Kommissionspräsident legt ihre Zusammensetzung sowie ihre Dauer fest und behält sich das Recht vor, Gruppen vorzusitzen, in denen er nicht Mitglied ist.


Die Mitglieder der Kommission bilden Kabinette zu ihrer Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie bei der Vorbereitung der Beschlüsse der Kommission. Zu diesem Zweck erteilt das verantwortliche Kommissionsmitglied den betroffenen Dienststellen seine Anweisungen.


Die Kommission verfügt über einen Generalsekretär, dessen Rolle sehr weit definiert ist. Er unterstützt den Präsidenten bei der Vorbereitung der Arbeiten und der Sitzungen der Kommission, er unterstützt die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Sitzungen, er gewährleistet die Durchführung der Verfahren und wacht über die Ausführung der Beschlüsse. Er gewährleistet die Koordinierung zwischen den Dienststellen und wacht über die Einhaltung der Vorschriften zur Vorlage von Dokumenten bei der Kommission. Er trifft Maßnahmen, um die Benachrichtigung und die Veröffentlichung der Akte der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften sowie die Übermittlung der Dokumente der Kommission und ihrer Dienststellen an die anderen Organe der Gemeinschaft sicherzustellen. Allgemein pflegt er die offiziellen Beziehungen zu den anderen Organen der Europäischen Gemeinschaften, verfolgt ihre Arbeiten und erstattet der Kommission darüber Bericht.


Die Kommission verfügt über eine Reihe von Dienststellen, die in Generaldirektionen und in gleichgestellte Dienste gegliedert sind. Grundsätzlich sind die Generaldirektionen und die gleichgestellten Dienste in Direktionen und diese wiederum in Abteilungen aufgegliedert.


Um auf besondere Problemstellungen einzugehen, kann die Kommission spezifische Strukturen einrichten, die mit klar umrissenen Aufgaben betraut sind und über deren Zuständigkeiten und Arbeitsweise die Kommission entscheidet.


Eine Reihe dezentralisierter Einrichtungen (Agenturen), die auf Vorschlag der Kommission durch Verordnung des Rates eingerichtet werden, üben unterschiedliche Zuständigkeiten in bestimmten Bereichen aus.

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